Full text: [3 = Oberstufe, [Schülerband]] (3 = Oberstufe, [Schülerband])

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2. Am 24. Juni 1630 landete er mit 15000 Schweden an der 
pommerschen Küste. Nachdem er an das Land gestiegen war, 
fiel er auf seine Kniee, dankte Gott für die glückliche Fahrt und 
bat um Beistand für sein schweres Vorhaben. vSeine Offiziere 
beteten ihm im stillen nach und konnten die Thränen nicht unter- 
drũcken. Er aber sprach: ‚Weinet nicht, meine Freunde, sondern 
betet! Pleissig gebetet ist halb gesiegt.“ Unter Trommelschlag 
liess er in seinem Lager ausrufen, dass kein Soldat bei Todesstrafe 
sich unterstehen sollte, ein Haus zu zerstören und anzuzünden, oder 
irgend einen Einwohner zu beleidigen oder zu berauben. Als der 
Kaiser die Landung Gustav Adolfs vernahm, sprach er spottend: 
„Da haben wir halt ein Feindl mehr!“ Scherzweise nannte man 
Gustav Adolf wohl ,den Schneekönig“. Tilly aber erwiderte ernst- 
haft: „Gustav ist ein Feind von eben so vieler Kugheit als Tapfer- 
keit, in der Blüte der Jahre, kräftig und abgehärtet. Er hat im 
RKriége siegen und durch Siege den RKrieg zu führen gelernt.“ 
Schnell vertrieb Gustav Adolf die Kaiserlichen aus Pommern und 
Mecklenburg und setzte seinen Weg nach Süden fort. Sein Zusg 
wurde aber bald sehr verzögert, da die Kurfürsten von Branden- 
burg und Sachsen Bedenken trugen, sich mit dem Fremden, den 
man nicht gerufen hatte, gegen Kaiser und Reich zu verbinden. 
Die Folge davon war, dass Tilly Magdeburg zerstören Konnte, ehe 
der Schwedenkönig der Stadt zu Hilfe kam. 
Nach Erzählungen a. d. Weltgeschichte. 
111. Die Folgen des dreissigjiührigen Krieges. 
Fast keine Gegend, kein Winkel des grossen deutschen Vater- 
landes war von Greueln verschont geblieben. Aber nirgends sah 
es schlimmer aus, als im Brandenburgischen. Wer da das Land 
durchzog, der musste weinen über das namenlose Dlend, das ihm 
hier begegnete. Zahllose Dörfer waren niedergebrannt; das Gras 
wuehs auf den Trümmern. Auch die Gotteshäuser waren ein 
Raub der Flammen geworden. Die schwarzen Steinhaufen klagten 
die Menschen an wegen ihres wilden Grimmes. Oft, wenn im 
Frũhjahre die Schwalben wiederkehrten, fanden sie das Dach, das 
sie so lange beherbergt, nicht wieder. Die Bàume wurden grün, 
aber kein Saatfeld erfreute des Menschen Herz. Die Felder lagen 
wũst; wer sollte sie bebauen? Zu Tausenden hatte der Rrieg die 
Mensehen hinweggerafft. Ströme von Blut waren geflossen. Was 
das Sehwert nicht frass, das riss Hungersnot und Pest ins Grab. 
Als einst ein sterbender schwedischer Offizier nach dem heiligen 
Abendmahle Verlangen trug, war auf vier Meilen im Umkreise 
kein Geistücher zu finden. In der ganzen Priegnitz gab es nur 
einen einzigen Prediger. Auch in den Städten schaute das Elend 
zum Fenster herein In Berlin standen Hunderte von Häusern 
leer. Handel und Gewerbe stockten gänzlien. Not und Thränen 
waren das lãgliche Brot der unglücklichen Märker. Nicht viel
	        
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