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daher dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm persönlich bekannt. Letzterer
mußte es wohl wissen, daß ihm an diesem heißen Vormittage sein eigenes
Regiment gegenüber gestanden habe; denn als er nach dem Zurückwerfen
der Brigade Jonak mit seinem Stabe auf dem soeben von den Oster—
reichern verlassenen Schlachtfelde erschien, erkundigte er sich sofort bei
einem verwundeten Offizier nach Graf Wimpffen. „Dort liegt er,“ ant—
wortete dieser, nach der Richtung des Gartenzaunes hinweisend. Der
Kronprinz ritt im Schritt nach der Stelle, wo ein preußischer Arzt eben
die Wunde des Schwerverwundeten, den zwei Füsiliere aufgerichtet hatten,
flüchtig untersuchte. „Mein armer Oberst!“ rief er aus, indem seine
großen, blauen Augen sich schmerzlich auf den Verwundeten richteten, und
er eiligst vom Pferde stieg „Wer hätte es gedacht, als Sie mich in
Berlin besuchten, daß wir uns so bald als Feinde gegenüberstehen, und daß
wir uns so treffen würden?“ „Soldatenlos, Königliche Hoheit“, ant—
wortete der Graf, seine beiden Hände der ihm dargebotenen Rechten des
Kronprinzen entgegenstreckend. Auf Befehl des Kronprinzen wurde Graf
Wimpffen unmiltelbar vom Schlachtfelde in das Nachoder Schloß ge—
tragen, wo ihm die sorgsamste Pflege zu teil wurde. Der Kronprinz
besuchte den Obersten am nächsten Tage in Begleitung des Generals von
Sleinmetz noch zweimal, obgleich man unmittelbar vor dem Feinde stand
und schon am nächsten Morgen die II. Armee bei Skalitz und Trautenau
wãhrend ihres Vorrückens gegen Königgrätz abermals in das Gefecht
kam. Er verständigte die Familie des inzwischen verstorbenen Offiziers
persönlich über alle Einzelheiten des Todes des Grafen Wimpffen und
fügte seinem Schreiben innige Worte des Trostes hinzu.
Als der Kronprinz die durch die Truppen der II. Armee bei Nachod
und Skalitz erbeutelen Siegeszeichen am Abend des 28. Juni auf dem
Schlachtfelde in der Nähe des Skalitzer Bräuhauses besichtigte, und man
ihm auͤch die Fahne des 2. Bataillons seines Regiments zeigte, an deren
Stange das von der Kronprinzessin Viktoria gespendete Band flatterte,
war er zuerst betroffen, dann aber gerührt, indem er sich seiner Um—
gebung gegenüber äußerte: „Ich werde der Fahnenmutter schreiben, wie
brad und heldenmütig mein Regiment, dem sie das Band für eine seiner
Fahnen selbst gestickt hatte, gegen mich gekämpft hat; daß es ihrer würdig
geblieben ist, ünd daß auch die Erbeuͤtung dieser Fahne nur ein Zeugnis
seiner Tapferkeit sei; denn wir haben sie unter einem Berge von Toten
und Verwundeten, die sie verteidigten, hervorgezogen. Wenn die Kron—
prinzessin dieses Fahnenband, allerdings unverhofft, wiedersehen wird,
werde ich sagen, sie indge stolz auf mein Regiment sein, wie ich es bin.“
Der Wunsch der Kronprinzessin Viktoria, das auf diese Weise nach Berlin
zurückgelangte Fahnenband gelegentlich einer neuen Fahnenweihe noch—
mals dem Regiment zu spenden, konnte nicht in Erfüllung gehen, da
nach dem Feldzuge des Jahres 1866 in der österreichischen Armee
die Bataillonsfahnen der Infanterie abgeschafft wurden. Jedes Linien—
nurrie⸗Mealneut führt seither nur eine Fahne, die Regiments—
ahne.
A. Wolter.