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Aus der Geschichte des Mittelalters.
Deutsche Geschichte im Mittelalter.
Zweiter Teil. (1250—1450.)
Allgemeine Übersicht.
1. Ergebnisse der bisherigen Entwicklung. In dem halben Jahr¬
tausend von der Kaiserkrönung Karls im Jahre 800 bis 1300, dem Jubi¬
läumsjahr in Rom unter Bonifatins VIII., halten sich in Europa und
dem Mittelmeergebiete tiefgehende Veränderungen vollzogen.
a) Die Religionskarte zeigt einen gewaltigen Rückgang des
Heidentums im Norden und Osten Europas zugunsten der (beiden)
christlichen Kirchen.
b) Wurden im Jahre 800 die Kulturgebiete, das römisch-germa¬
nische, das griechisch-orientalische und das mohammedanische,
auch politisch einheitlich vertreten durch die christlichen Kaiser und die
beiden Kalifen, so ist davon nicht mehr die Rede; im Abendlande gibt es
überhaupt keinen Kaiser, in Konstantinopel ist die Macht des Kaisers zum
Schatten hinabgesunken, im Morgenlande ist das Kalifat vernichtet, in
Spanien weicht das Maureutum zurück.
Im christlichen wie im mohammedanischen Bereiche ist eine Vielheit
von Staaten entstanden.
c) Die Zeit der Kreuzzüge schien eine große Gebietsverschie¬
bung zwischen Christentum und Islam herbeiführen zu müssen; doch
ist diese keineswegs erfolgt, nur in Spanien verlor der Islam
ständig an Gebiet.
Die stärksten Verluste haben vielmehr das oströmische Kaisertum
betroffen, dessen Machtgebiet sich auf die Stadt Konstantinopel und
den Osten der Halbinsel beschränkt; sein Jnselbesitz im Ägäischen
und Mittelmeer ist fast ganz an Venedig, Rhodus an die Johan¬
niter übergegangen, Cyperu ist selbständiges Königreich geworden; die
wichtigsten Küsten punkte am Schwarzen Meere und am Bosporus
haben die Genuesen besetzt; das alte Griechenland hat eigene, latei¬
nische Fürsten, im Norden und Westen der Balkanhalbinsel herrschen
Bulgaren und Serben. Ihnen allen fällt fortan die Aufgabe des
Vorkampfes gegen den Islam gemeinsam zu.
Byzanz ist zugleich als Kulturmacht zurückgegangen. Der
Gebrauch des Griechischen, der einstigen Weltsprache, beschränkt sich
auf einen kleinen, überdies zusammenschwindenden Kreis, neue geistige
Werte werden nicht mehr geschaffen, doch wird die antike Literatur noch
gepflegt. Die beherrschende Rolle im Mittelmeerhandel ist auf Venedig
und Genna übergangen.