5. Das liebe Elternhaus.
31
5
meister wurde, war ich ihr Kind.“ — Der brave General von Zieten
hörte von diesem Vorfalle und bat sich selbst nach einiger Zeit mit
mehreren Vornehmen bei dem Rittmeister zu Gaste. Die Eltern des
letzteren wünschten diesmal selbst, nicht am Tische zu erscheinen, weil sie
sich verlegen fühlen würden. Als man sich setzen wollte, fragte der
General: „Aber, Kurzhagen, wo sind Ihre Eltern? Ich denke, sie essen
mit Ihnen an demselben Tische?“ — Der Rittmeister lächelte und wußte nicht
sogleich zu antworten. Da stand Zieten auf und holte die Eltern selbst
herbei; sie mußten sich rechts und links an seine Seite setzen, und er
unterhielt sich mit ihnen aufs freundlichste. Als man anfing Gesund—
heiten auszubringen, nahm er sein Glas, stand auf und sprach: „Meine
Herren, es gilt dem Wohlergehen dieser braven Eltern eines verdienst—
vollen Sohnes, der es beweist, daß ein dankbarer Sohn mehr wert ist
als ein hochmütiger Rittmeister!“
Später fand der General Gelegenheit, dem Könige von der kindlichen
Achtung zu erzählen, welche der Rittmeister seinen Eltern erwies, und
Friedrich I. freute sich sehr darüber. Als Kurzhagen einst nach Berlin
kam, wurde er zur königlichen Tafel gezogen. „Höre Er, Rittmeister,“
fragte der König, um seine Gesinnung zu erforschen, „von welchem Hause
stammt Er denn eigentlich? Wer sind Seine Eltern?“ — „Majestät,“
antwortete Kurzhagen ohne Verlegenheit, „ich stamme aus einer Bauern—
hütte, und meine Eltern sind Bauersleute, mit denen ich das Glück teile,
welches ich Ew. Majestät verdanke:“
„So ist es recht!“ sagte der König erfreut; „wer seine Eltern achtet,
der ist ein ehrenwerter Mann; wer sie geringschätzt, verdient nicht ge—
boren zu sein.“
Fr. W. Vustkuchen-Glanzow.
49. Uenjahrsgruß.
1. Sei uns willkommen, neues Jahr!
Schau' uns ins Auge licht und klar!
Sei uns gegrüßt im Friedensschein,
blank ist die Schwelle — tritt herein!
2. Was du auch bringst, was du gewährst,
ob Leid du oder Glück bescherst,
ob Weh, ob Freude unser Los,
das ruht noch in der Tage Schoß.
—⁊