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Die Zeit des Deutschen Reiches.
§178.
§ 178. England.
1. Der Weg nach Indien. Seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts
hat England seinen Kolonialbesitz außerordentlich erweitert. Zunächst
vollendete es die Unterwerfung Britisch-Jndiens und ordnete die Ver-
waltung. Die Königin Viktoria nahm den Titel „Kaiserin von Indien" an.
1869. Der kürzeste Weg nach Indien ging seit 1869 durch den von dem Fran-
zosen Lesseps erbauten Sneskanal. Also mußten das östliche Mittelmeer
und das nordöstliche Afrika für England erhöhte Bedeutung gewinnen.
Nach dem Rnssisch-Türkischen Kriege ließ es sich deshalb von der Türkei,
für die es so kräftig eingetreten war, Cypern abtreten, so daß es nun
drei Stützpunkte für seine Mittelmeerflotte besaß. Zugleich wurde der
1882. Hafen- von Aden zu einem starken Kriegshafen ausgebaut. 1882 besetzten
die Engländer Ägypten, und der Khediv (Vizekönig) des Landes stand jetzt
nur noch dem Namen nach unter türkischer, in Wirklichkeit aber unter eng-
lischer Oberherrschaft. Von dort ans eroberten sie in schweren Kämpfen
gegen den mohammedanischen Propheten Mahdi den ägyptischen Sudan.
Zwar hatte Frankreich schon Faschoda (am Weißen Nil) besetzt, aber es
beugte sich vor dem mächtigen Nachbar und überließ ihm den Besitz. Dann
kam Britisch-Ostafrika hinzu, dessen Grenzen durch das Abkommen mit
Deutschland festgesetzt wurden.
2. Südafrika. Um die Mitte des 17. Jahrhunderts wanderten hollän-
dische Buren (d. h. Bauern) von Java nach Südafrika aus und gründeten die
Kapkolonie. Nach der Aufhebung des Edikts von Nantes kamen flüchtige
Hugenotten hinzu. Abgeschlossen vom Weltverkehr, bewahrten die Buren
treu ihre niederdeutsche Eigenart und Sprache. Um 1800, als Holland
unter französische Herrschaft geraten war, besetzten die Engländer das Land,
und im Wiener Kongreß wurde es ihnen endgültig zugesprochen. In den
folgenden Jahrzehnten wanderten viele Buren, die mit der englischen Herr-
schaft unzufrieden waren, in großen Zügen (Trecks) nordwärts und gründeten
unter schwierigen Kämpfen mit den Kaffern die Südafrikanische (Transvaal-)
Republik und den Oranje-Freistaat. Hier lebten sie größtenteils als
Farmer und bildeten sich in Kämpfen gegen Eingeborene und Engländer
zu den besten Schützen und Reitern der Welt aus. Als der Goldreichtum
der Südafrikanischen Republik bekannt geworden war, strömten Ausländer,
meist Engländer, so massenhaft ins Land, daß sie bald zahlreicher waren
als die Buren, und diese, um Herren im Lande zu bleiben, sich genötigt
-sahen, den Fremden volle politische Gleichberechtigung zu verweigern. Das
war der Anlaß des Krieges zwischen der Weltmacht und den beiden kleinen
1899. Republiken, der 1899 ausbrach. Die Buren, denen es an einheitlichem
Plan, strammer Kriegszucht und genügendem Kriegsmaterial fehlte, konnten
sich, obgleich sie den Engländern anfangs manche Niederlagen bereiteten,