Full text: Lesebuch für die Oberklassen der Elementarschulen in Elsaß-Lothringen

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Spielmänner der Stadt, die Breslauer dreißig Schüsseln und vier 
Spielleute. Gegen das Ende des dreizehnten Jahrhunderts setzte der Rat 
zu Soest fest, beim Verlöbnis sei kein Wein zu trinken; doch durfte 
der Bräutigam der Braut ein Paar Schuhe und ein Paar Holzschuhe 
schenken. Bei der Kochzeit waren den Reichsten fünfzig Schüsseln, aber 
nur fünf Gerichte, jede Schüssel zwölf Pfennige wert, gestattet. 
Unter den Künsten blühte besonders die Goldschmiedekunst. Sie 
schuf köstliche Schreine für die Leiber der Heiligen, Kelche mit hei— 
ligen Vldern, Kreuze mit der Gestalt des Erlösers. Auch die Kunst 
des Siegelschneidens stand in hohem Ansehen. Die Städte hatten seit 
dem Ende des zwölften Jahrhunderts überall ein besonderes Wappen. 
Lübecks Siegel zeigt bedeutsam das Schiff auf hoher Flut; der alte 
Steuermaun mit spitzer Kappe leitet das Fahrzeug durch die Wogen; 
ein Jünglina am Tauwerk weist auf den Beistand nach oben. Köln 
hat als ält 5 Wappen den heiligen Petrus, mit den Schlüsseln auf 
dem Stuhle sitzend; Magdebur; hatte seit uralter Zeit eine Jungfrau 
über den Zinnen sich erwählt; Worms zeigte den Lindwurm und 
deutete damit vielleicht auf den Drachen, den Siegfried erschlug. 
Hambura mit vielen andern Städten gefiel das dreifach betürmte 
Stadtt erlins ältester Bär schritt aufrecht zum Angriff und trug 
nicht, w.e »use Halsband und Kette. 
Man e unsers Vaterlandes hatten eine Anzahl von 
Spielleute eden Harfe, Pfeife und Linke waren ihre Instru— 
mente densagen ließ man in Liedern erklingen. Auch die 
Lust an der Natur war aus dem freien Landleben in die dumpfen 
Gassen ema- aen. Überall sehen wir in deutschen Städten das 
Frühlingsjß mit Qubel und Tanz im Freien begehen. Man dachte 
sich den Winter als einen feindseligen Riesen, den Sommer als einen 
holden, noch knabenhaften, aber starken Jüngling, welcher gewaffnet 
in den Wald zog, den gehaßten Gegner zu suchen und zu überwältigen. 
Ein Knabe zog daher als Sommergott an der Spitze gewaffneter 
Genossen in den Wald. Er trug Laub- und Blumenkränze um Stirne, 
Brust und Shulter und kehrte, nachdem Scheinkämpfe im Walde ge— 
halten waren, als Sieger mit Jubel heim. Sein Gesolge führte zum 
Beweise des Sieges grüne Birkenzweige mit sich. Ein hoher, glatt— 
geschälter Baum mit grüner Krone wurde aufgepflanzt. Unter Leibes⸗ 
übungen und Spiel mit Gesang und Tanz verlebte man den Tag. 
Diese Sitte war aus dem Dorfe mit den eingebürgerten Bauern in 
die Stadt gezogen, verwandelte sich aber hier im vierzehnten Jahr— 
hundert in einen Auszug der Schützenbrüderschaften. Ein bunter
	        
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