Full text: Lesebuch für die Oberklassen der Elementarschulen in Elsaß-Lothringen

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und Ziegen verfolgt. Aus den Löchern kriecht das harmlose 
Murmeltier, um Gras und Alpenkräuter zu suchen; auch der 
Berghase kommt zu gleichem Zwecke aus seinen Schlupfwin⸗ 
beln hervor. Die flüchtige Gemse aber macht ihro gefänriehen 
dprünge über Schluchten und Abgründe und wird vom kühnen 
Jüger unter beständiger Lebensgefahr rastlos versfolgt. 
In derselben Höhe breitet sieh auch der Teppich bunt- 
sarbiger Alpenpflanzen aus, welehe die reine Alpenluft auf dem 
dieht verfilaten Rasen gedeihen läbt. Auf diesen grünen Matten 
wveiden die Apler oder Sennen in den wenigen Sommermo- 
naten zahlreiche Herden von Ziegen, Schafen und RKühen. 
Ermüdet von der mũühseligen, gefahrvollen Wanderschaft, keh- 
ren wir bei einem Sennen ein. Er wohnt in einer ärmlichen 
Hütte; aber wir sind froh, bei ihm ein Obdach zu finden. Gast- 
lien nimmt er uns auf, teilt freundlich sein Mahl mit uns und 
freut sieh, einmal Menschen bei sich zu seben. Freilleh müsven 
Nir mit Mileb, Molken und Käse fürlieb nehmen; denn das 
i8t seine einzige Kost; selbst grobes Brot hat er selten. Wir 
übernachten bei ihm auf einem vweichen Lager von Heu und 
decken uns mit unsern Mänteln zu. Um die Apenwirtschaft 
näher kennen zu lernen, verweilen wir den folgenden Tag auf 
der Alp (So nennt nämlich der Schweizer die Bergweide). Wir 
besuchen mehrere Sennhütten; alle sind aus robem Holz oder 
aus kunstlos auf einander gesügten Steinen gebaut; die Ritzen 
und Fugen sind mit Gras und Moos verstopft, doch nur ober- 
chlich, so dah nmieht selten des Morgens in der Hütte hohe 
dehneestreifen liegen, die ein nächtliches Gestöber durch jene 
bugen wehte. Das Dach ist mit grobhen Steinen gegen die Ge— 
Valt des Windes beschwert. In der Regel haben diese Senn- 
hütten nur ein Gemach, in welehes, da keine Fenster vorbanden 
dind, das Licht dureh die offene Thür, die des Nachts mittels 
eines Riegels verschlossen wird, hereinfällt. Bisweilen ünden sich 
auch zwei Abteilungen in der Hütte. In der vorderen steht ein 
Niereckiger Herd, der aueh als Ofen, Tisch und Bank dient; 
über demselben hängt ein ee Kessel zur Räseberei- 
tung. Diese Abteilung ist zugleici Kuche, Wohn- und Schlaf- 
immer. Um Raum zu gevinnen, ist das Bett sehr oft oben an 
der Wand befestigt, und hölzerne Zapfen in derselben dienen 
als Leiter. Die mweite Abteilung giebt die Mileb- und Räse- 
kammer ab, vwelche sieh bei den einzimmerigen Sennhütten in 
der Erde befindet. Ganz nahe bei der Wohnung des dennen 
erblicken wir die ebenso kunstlos erbauten Stallungen, in denen
	        
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