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geschaffen. Vor dem Throne stehend, hält fie in der hocherhobenen
Rechten die Reichskrone im Siegeskranz, während die Linke sich
aus das lorbeerumwundene Schwert stuͤtzt. Freude und Friede
strihlt von ihrem Antlitz, das über den Rheinstrom hinaus kühn
nach Westen schaut.
So steht, ein vollendetes Kunstwerk, der Deutschen National—
denkmal vor dem Beschauer, der auf den Stufen der Terrasse ihm
nahe tritt oder von der Brüstung des umgebenden freien Platzes
zu ihm aufblickt.
Zum unvergeßlichen Festtage gestaltete sich der Tag der
Grund sleinlegung des Denkimnals, der 16. September 1877, und
mehr noch der Tag seiner Einweihung, der 28. September 1888.
War es doch an beiden Tagen dem versammelten Volke vergönnt,
seinen Kaiser unter sich zu sehen und ihm als dem wiedererstandenen
Barbarossa zuzujubeln. Bei der Einweihung versammelten sich
aus ganz Deulschland die Abgesandten der Krieger— Turn⸗ und
Gesangvereine, die Vertreter von Kunst und Wissenschaft, Gewerbe
Und Landwirischaft. Die Schulen aus der Umgegend mit ihren
Lehrern hatten sich aufgestellt. Und nun kamen die Fürsten, dann
die großen Heerführer und zuletzt der Kaiser mit seinem Sohne,
dem Kronprinzen Friedrich und seinem Enkel Wilhelm, dem
jetzigen Kaiser. Ein Jubelruf, wie er nur von einem dankbaren
Volte seinem geliebten greisen Helden entgegengebracht werden
konnte, empfing ihn. Dann sang die ganze Versammlung unter
Posaunenschall das Lied, welches sich nach der Schlacht bei Sedan
von Regiment zu Regiment fortgepflanzt hatte: „Nun danket
alle Gott!“ Es war der feierlichste Augenblick, als so Fürst
und Volk sich vor dem Koͤnig der Könige beugten ünd ihm
Preis und Ehre darbrachten. So mächtig erklang das Lied, daß
es in Rüdesheim, auf dem Rheine und jenseits desselben in
Bingen gehört wurde und daß dort alles bewegte Leben plötz-
lch in Andacht verstummte und über Berg und Thal der Choral
feierlich mitgesungen wurde. Atemlos lauschte das Volk, als
sein Kaiser nun den Helm abnahm und also redete: „Mit den
Wortlen, die ich bei der Grundsteinlegung sprach und welche
nach den Befreiungskriegen 1813/15 in, iserner Schrift mein
Valer, weiland König Friedrich Wilhelm III., der Nachwelt
hinterließ, weihe ich dies Denkmal:
Den Gefallenen zum Gedächtnis,
den Lebenden zur Anerkennung,
den kommenden Geschlechtern zur Nacheiferung.
Das walte Gott!“ —
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