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A. Das Aben in der Familie.
„Gut, mein Sohn,“ erwiderte der Alte, „nun wirst du also fleißig
anfangen zu lernen, doch — was dann?“
„Nach drei Jahren werde ich meine Prüfung bestehen und sicherlich,
mit Ehren gekrönt, die Schule verlassen und meinen Beruf antreten.“
„Und dann?“
„Dann werde ich an Fleiß und Gewissenhaffigkeit es nicht fehlen
lassen. Man wird von mir reden weit und breit, und alle Leute, vornehm
und gering, werden mich aufsuchen und ihr Vertrauen mir schenken.“
„Und dann?“
„Dann werde ich mir etwas ersparen und ein wohlhabender Mann
werden, werde ein rechtschaffenes Weib nehmen und mir einen eignen Haus—
stand gründen.“
„Und dann?“
„Dann werde ich meine Kinder heranziehen, daß aus ihnen auch etwas
werden kann, — jeder das wozu er gerade die Gaben hat, — und sie
werden wohl geraten und in ihres Vaters Fußtapfen treten.“
„Und dann?“
„Dann werde ich mich zur Ruhe setzen, an meiner Kinder Glück mich
freuen, ihre Liebe genießen und ein glückliches Alter haben.“
„Und dann?“
„Dann, — nun — immer kann man nicht auf dieser Erde bleiben, und
wenn man's könnte, es wäre nicht einmal gut, — dann freilich! dann —
muß ich sterben.“
„Und dann?“ rief der Alte wieder, faßte ihn an beiden Händen und
sah ihm in die Augen. „Mein Sohn! Und dann?“
Da verfärbte sich der muntere Jüngling und fing an zu zittern, und
die Thränen stürzten ihm aus den Augen. — „Habe Dank, mein Vater!“
sprach er endlich, „ich hatte die Hauptsache vergessen: daß dem Menschen
gesetzt ist, einmal zu sterben, und dann — das Gericht. Aber
von heute an soll's nicht mehr geschehen!“
QEeinrich Caspari.
26. Heimweh.
Du fragst, was ich verlange?
Zur Heimat will ich hin!
Mir ist doch ewig bange,
solang' ich dort nicht bin.
Wohl steht mit reicher Schöne
die Erde angethan;
doch was ich mir ersehne,
das treff' ich nirgend an