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Wie so mild die Sonne scheint!
Wie sich leicht die Wogen kräuseln!
Auf und lobt den Herrn vereint,
Der uns naht mit sanftem Säuseln!
48. Die Wachtel und ihre Kinder.
A. F. E. Cangbein.
Gedichte. Stuttgart 1835. Band 4, S. 316.
Hoch wallte das goldene Weizenfeld
Und baute der Wachtel ein Wohngezelt.
Sie flog einst früh in Geschäften aus
Und kam erst am Abend wieder nach Haus.
Da rief der Kindlein zitternde Schar:
„Ach, Mutter, wir schweben in großer Gefahr!
Der Herr dieses Feldes der furchtbare Mann,
Ging heut mat dem Sohn hier vorbei und begann;
Der Weizen reif, die Mahd muß gescheh'n,
Geh', bitte d. Nachbarn, ihn morgen zu mäh'n.“
„Osagte die Wachtel, „dann hat es noch Zeit;
Nicht flugs sind die Nachbarn zu Diensten bereit!“
Drauf flog sie des folgenden Tages aus
Und kam erst am Abend wieder nach Haus.
Da rief der Kindlein zitternde Schar:
„Ach, Mutter, wir schweben in neuer Gefahr!
Der Herr dieses Feldes, der furchtbare Mann,
Ging heut mit dem Sohn hier vorbei und begann;
Uns ließen die treulosen Nachbarn im Stich;
Geh' rings nun zu unsern Verwandten und sprich:
Wollt Ir meinen Vater recht wohlgemut seh'n,
So helfet ihm morgen sein Weizenfeld mäh'n!“
„O, sagte die Wachtel, „dann hat es noch Zeit;
Nicht flugs ist die Sippschaft zur Hülfe bereit!“
Drauf flog sie des folgenden Tages aus
Und kam erst am Abend wieder nach Haus.
Da rief der Kindlein zitternde Schar:
„Ach, Mutter, wir schweben in höchster Gefahr!
Der Herr dieses Feldes, der furchtbare Mann,
Ging heut mit dem Sohn hier vorbei und begann:
Uns ließen auch unsre Verwandten im Stich;
Ich rechne nun einzig auf dich und auf mich.
Wir wollen, wann morgen die Hähne kräh'n,
Selbander uns rüsten, den Weizen zu mäh'n.“
„Ja,“ sagte die Wachtel, „nun ist's an der Zeit;
Macht schnell euch, ihr Kinder, zum Abzug bereit!
Wer Nachbarn und Vettern die Arbeit vertraut,
Dem wird nur ein Schloß in die Luft gebaut;