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258. Aus „Wilhelm Tell“.
5.
L.
Erster Aufzug. Erste Scene.)
Gohes Felsenufer des Vierwaldstättersees, Schwyz gegenüber.)
Fischerknabe (ingt im Kahn. Melodie des Kuhreihend).
Es lächelt der See, er ladet zum Bade;
Der Knabe schlief ein am grünen Gestade;
Da hört er ein Klingen,
Wie Ilöten so süß,
Wie Stimmen der Engel
Im Paradies.
Und wie er erwachet in seliger Lust,
Da spülen die Wasser ihm um die Brust,
Und es ruft aus den Tiefen:
Lieb' Knabe, bist mein!
Ich locke den Schläfer,
Ich zieh' ihn herein.
Hirte (auf dem Berge).
Ihr Matten, lebt wohl!
Ihr sonnigen Weiden,
Der Senne muß scheiden,
Der Sommer ist hin.
Wir fahren zu Berg, wir kommen wieder,
Wenn der Kuckuck ruft, wenn erwachen die Lieder,
Wenn mit Blumen die Erde sich kleidet neu,
Wenn die Brünnlein fließen im lieblichen Mai.
Ihr Matten, lebt wohl!
Ihr sonnigen Weiden!
Der Senne muß scheiden,
Der Sommer ist hin.
Alpenjäger erscheint gegenüber auf der Höhe des Felsend).
Es donnern die Höhen, es zittert der Steg,
Nicht grauet dem Schützen auf schwindlichtem Weg;
Er schreitet verwegen
Auf Feldern von Eis;
Da pranget kein Frühling,
Da grünet kein Reis;
Und unter den Füßen ein neblichtes Meer,
Erkennt er die Städte der Menschen nicht mehr;
Durch den Riß nur der Wolken
Erblickt er die Welt,
Tief unter den Wassern
Das grünende Feld.