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Österreich unter Joseph II.
mußte er die Gesamtheit feiner Unterthanen mit Steuern scharf heran¬
ziehen. Das war ein undankbares Geschäft, wobei die Klagen der
Gebenden die Segenswünsche der Empfangenden nicht selten wohl
übertönten. Besonders die sog. ,Regie" (eine allgemeine Verbrauchs¬
steuer oder Eccise), welche der König nach dem Muster Frankreichs
einführte und zu deren Verwaltung er sogar französische Beamte (als
dazu vorzüglich geeignet) sich verschrieb, (sie brachte von I7<;9—1786
eine Mehreinnahme von 126 Mill. M.) ward sehr hart empfunden
und trug wohl wesentlich dazu bei, daß die frühere Begeisterung des
Preußischen Volkes für feinen großen König in der letzten Zeit zum
Teil sich verlor, ja daß der Regierungsantritt feines Nachfolgers,
Friedrich Wilhelms II., eines Sohnes des ältesten Bruders Frie¬
drichs II., August (1786) von vielen Seiten mit Hoffnungen begrüßt
ward, denen auch der neue Monarch im Anfange durch feine Hand¬
lungen (z. B. durch die Aufhebung jener drückenden Steuer) zu ent¬
sprechen schien. Allein im weitern Verlaufe der Regierung Friedrich
Wilhelms II. („des Dicken", wie er öfters genannt wird) fanden sich
diese Hoffnungen getäuscht. Der neue König verfiel auf der einen
Seite einer frömmelnden Geistesrichtung, die sogar für allerhand
mystische und spiritistische Gaukeleien zugänglich gewesen zu sein
scheint, aus der anderen einer leichtfertigen Lebensweise, die ihn in
die Hände von Günstlingen und von Weibern gab, ward in beiderlei
Hinsicht das gerade Gegenteil seines aufgeklarten, pflichttreuen und
sparsamen großen Vorgängers. Ein Ausfluß jener Glaubensstrenge
war das, gewöhnlich nach dem Namen des Ministers von Wöllner
(der diese Richtung besonders entschieden vertrat) benamte, „Wöllner-
sehe Religionsedikt" (vom 9. Juli 1788), welches so sehr jeder Freiheit
des Lehrens und Schreibens in Sachen der Religion eine Schranke
setzte, daß der große Philosoph Kant, um nicht in Konflikte damit zu
kommen, seine Vorlesungen über religionsphilosophische Gegenstände
einstellte. Und weil die Presse (mit der durch den vorigen König
ihr angewöhnten Freimütigkeit) dieses Edikt scharf angriff, folgte
(19. Dezember 1788) ein allgemeines Cenfnredikt, welches mit allen
von Friedrich II. in bezug auf die Presse bis zuletzt befolgten frei¬
sinnigen Grundsätzen völlig brach.
Während so in dem Staate Friedrichs d. Gr. der Geist des
„Philosophen auf dem Throne" einem entgegengesetzten Geist weichen
mußte, schien derselbe anderwärts, in einem andern Fürsten, wieder
aufzuleben, und zwar in Österreich und in Joseph II. Eine der
ersten Handlungen, durch welche Joseph, als er 1780 Den Österreichs