II. Bilder aus der deutschen Geschichte.
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Und der Abend kam, und es ward Nacht, und sie schlugen ihr Lager
auf, und ward eine düstere und grauenvolle Nacht. Varus aber ließ viele
Wagen und Karren und Gepäck verbrennen, daß er leichter ziehen möchte,
und nahm die Troßbuben und Weiber und Kinder in die Mitte; denn es
waren ihrer viele mit und waren nicht ausgezogen wie zum Krieg. Und
den zweiten Tag, als es tagte, kamen sie zuerst auf ein kleines, offenes
Feld; dann mußten sie wieder durch Wald ziehen; und der Regen fiel dicht
vom Himmel herab, und wehte ein gewaltiger Wind, so daß sie ihre Waffen
nicht gebrauchen konnten und weder vor⸗ noch rückwärtsgehen in ihrer
schweren Rüstung; denn der Weg war sehr schlüpfrig. Die Germanen aber
freuten sich und riefen: „Siehe, das tut unser Gott, der uns heute rächen
will an unsern Feinden.“ Und sie zogen den Römern immer zur Seite
im Walde, und es waren ihrer noch mehr als gestern; denn auf die
Nachricht, Varus sei umzingelt, liefen immer neue Scharen herbei, damit
sie teilhätten an dem Krieg und an der Beute. Und als sie sahen, daß die
Römer fast ermatteten, setzten sie tapfer an sie und durchbrachen ihre Reihen;
und es wurden alle Römer erschlagen bis auf wenige, die entrannen, oder
die sie leben ließen. Varus, der Feldherr, als er sah, daß die Seinen
erschlagen wurden, da er schon hart verwundet war, stürzte sich in sein
Schwert und starb, und es starben viele der Fürsten des Heeres so durch
ihr eignes Schwert. Diese Schlacht geschah im Jahre 9 nach Christi,
unsers Herrn, Geburt. Ernst Moritz Arndt
36. Das Grab im Busento.
Naeuu am Busento lispeln bei Cosenza dumpfe Lieder;
aus den Wassern schallt es Antwort, und in Wirbeln klingt es wieder
2. And den Fluß hinauf, hinunter ziehn die Schatten tapfrer Goten,
die den Alarich beweinen, ihres Volkes besten Toten. —
3. Allzufrüh und fern der Heimat mußten hier sie ihn begraben,
während noch die Jugendlocken seine Schulter blond umgaben.
4. And am Afer des Busento reihten sie sich um die Wette;
um die Strömung abzuleiten, gruben sie ein frisches Bette.
5. In der wogenleeren Höhlung wühlten sie empor die Erde,
senkten tief hinein den Leichnam, mit der Nüstung, auf dem Pferde.
6. Deckten dann mit Erde wieder ihn und seine stolze Habe,
daß die hohen Stromgewächse wüchsen aus dem Heldengrabe.