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Im Freien sind sie meistens sehr vorsichtig und scheu und huschen
beim Nahen des Menschen sogleich schleunigst davon in ein sicheres
Versteck. Geängstigt und in die Enge getrieben, lassen sie ein heiseres
Zischen hören, und, gegriffen und in die Hand genommen, versuchen sie
auch wohl zu beißen, vermögen dies aber mit ihren winzigen und kleinen
Zähnen nicht.
59. Die Rlindsckleiche.
Kari Russ. (Gekũræt.)
Meine Froundo. Berlin. 1866. 8. 8372.
Ebenfalls zu den Eidechsen gehört die Blindschleiche, die aber
meist noch zu den Schlangen gezählt wird. Eine Schlange ist sie nun
aber entschieden nicht. Ihr ganzer Körperbau, die gar nicht dehnbaren,
fest zusammenhängenden Kinnbacken lehren sie uns ganz entschieden als
Eidechse kennen, und sie unterscheidet sich von diesen ihren Schwestern
durch nichts als die fehlenden Füße.
Die Blindschleiche ist das unschuldigste und harmloseste, ja zugleich
eins der allernützlichsten unserer freilebenden Tiere. Sie vermag
nimmermehr irgend welchen Schaden zu stiften, — selbst hart angegriffen,
kann sie mit ihren feinen Zähnchen uͤns kaum die Haut ritzen, dagegen
ernährt sie sich aber besonders von nackten Landschnecken und 33
schädlichem Gewürm, und da sie eine Länge von wohl fünfundvierzig
Centimeter erreicht, so vertilgt sie davon bedeutende Mengen. Statt
sie daher auf das emsigste zu verfolgen und zu töten, wo sie sich
blicken läßt, sollte der Landmann sie in Garten, Feld und Wiese als
einen willkommenen Gast betrachten, sie schützen und hegen.
Man nennt die Blindschleiche auch Haselwurm oder Bruchschlange.
Den Namen Blindschleiche hat ihr der Volksmund ihrer sehr kleinen
Augen und ihrer windenden (schleichenden) Fortbewegung wegen gegeben,
den letzteren aber einer Eigenschaft wegen, die sie mit allen Eidechsen
gemein hat.
Ihnen allen bricht nämlich bei jeder rauhen Berührung gar leicht
der Schwanz ab und zwar der Blindschleiche so leicht, daß man selten
ein älteres Exemplar mit noch unbeschädigter Schwanzspitze findet. Der
Schwanz wächst ihnen aber in einiger Zeit wieder nach oder rundet sich
doch wenigstens ab. Die Blindschleiche legt ganz in der Weise der
anderen Eidechsen acht bis sechzehn Eier, aus denen die Jungen meistens
bald hervorschlüpfen. Alle Eidechsen verkriechen sich zur Winterruhe in
die Erde, wo sie erstarren und dann, von den ersten Sonnenstrahlen
im März erweckt, wieder hervorkommen. Ohne schützende Decke können
sie den Frost nicht überdauern. Die Blindschleichen bereiten sich ganz
eigentümliche Winterzufluchtsstätten. Sie graben bis einen Meter
lange Höhlungen in die Erde in denen sie gesellig den Winterschlaf
beginnen. Dort liegen sie, teils in einander verschlungen, teils einzeln
e ganz hinten die größten und ältesten, dann kleinere
und vorn nach dem Ausgange zu, welcher mit Gras, Laub und