Full text: [Teil 2, [Schülerband]] (Teil 2, [Schülerband])

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Jahr allein durchschnittlich funfzig- bis sechzgtausend Pfund. Die 
frische Nehrung Fustenstrede von Pillau bis Brüsterort sind 
eigentlich die seit Jahrtausenden berühmten Bernsteinküsten. 
Haͤuptsächlich sind es die in dieser Gegend sehr heftigen Nord⸗ 
weststͤrme, weiche die See bis zu ihrem Grunde aufwühlen und den 
Schah vom Meetesboden lösen. ˖ Das geringe spezifische Gewicht des 
Bernsteins, welches das des Seewassers nur wenig übertrifft, macht ihn 
zum Spieiball der Welen; der gleichzeitig vom Grunde losgelöste 
Seetang) wicelt ihn ein, und nun treibt er mit den Wellen an den 
Strand oder wenigstens dem Lande zu. Man begnügt sich nun aber 
nicht damit, den ausgeworfenen Bernstein auf dem Strande auf⸗ 
zulesen, sondern man geht ihm, damit er nicht mit den zurückfließenden 
Wellen wieder in See treibt, an seichten Stellen bis in die zweite, 
dritte Welle, zuweilen auch bhis nahe Mannstiefe und bis zu hundert 
Schriti weil entgegen, um ihn ut großen Rehen, die an sechs Meter 
langen Stangen befestigt sind, zu fangen. Sobald die Strandbewohner 
das Bernfleintraut in der Eutfernung auf ihre Küste zutreiben sehen, 
sammelt sich sofort die ganze Gemeinde, Männer, Frauen und Kinder, 
am Strande. Die Männer gehn in die See, fangen mit den nach der 
Viefe gerichteten Netzen Keschern) das Kraut in der Mitte der über— 
lippenden Welle auf und schülten ihren Fang am Strande aus, wy die 
Frauen und Kinder sogleich den schönen Stein aus seiner Umhüllung 
hefreien und sortieren In der Regel ist alsbald auch der Bernstein⸗ 
händler mit barem Gelde zur Stelle, um den Schatz zu bergen. Das 
Schöpfen erfolgt bei Tag und Nacht, im Winter und Sommer, 
weil es darauf ankommt, den günstigen Äugenblick zu benutzen. R 
heftigsten und ergiebigsten Stürme treten aber in den Wintermonaten 
November und Dezember ein; die Arbeit erfordert daher sehr abgehärtete 
Leute. Sie schützen sich bei großer Käͤlte durch Lederkürasse, die zu— 
weilen an den von den Frauen unterhaltenen Strandfeuern aufgetaut 
werden müssen. Es ist schauerlich anzusehen, wenn die Leute, zu denen 
man gern die größten auswählt, bis an die Brust im bewegten Meere 
stehn, dessen Wellen ihnen oft über den Kopf schlagen oder den Fuß 
wegziehen. Sie befestigen sich daher auch um sich zu shützen 
unter einander durch lange Leinen und sollen sich bei gefährlichen 
Wellen mit großer Geschicklichkeit an den fest in den Meeresboden ge⸗ 
stoßenen Stangen ihrer Kescher in die Höhe schnellen. 
Die Ausbeute beim Schöpfen ist sehr Herschieden, ja einzelne 
Strände sollen überhaupt zuweilen mehrere Jahre hindurch ganz leer 
ausgehn, bis ihnen wieder einmal ein günstiger Wind den Schatz zu⸗ 
wirft. Dagegen sind schon bei günstigem Auswurf in drei bis vier 
Slunden ungefahr zwanßig bis dreißig Scheffel, mit einem Geldwerte 
von funfzehntausend Mark gewonnen?) worden. Von den fünfunddreißig 
Strandrepieren) haben durchschnittlich nur zehn einen Jahresertrag von 
— —— 
Der Tang, Seegras. ) Der Scheffel Bernstein wiegt etwa siebzig Pfund, 
das Pfund Schöpfbernstein hat einen ee eni von 7/50 Mark. ) Das 
Revier. der Bezirk.
	        
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