Daß, was der Frager ihr entnimmt,
Auch recht zu seiner Frage stimmt.
\85 Gebrauchet aller Eurer Sinne,
Daß Ihr des wahrer: werdet inne.
Folgt meinem Wort und übt im Streit
Bei kühnem Mut Barmherzigkeit.
Sofern Ihr nicht im Lanzenbrechen
(90 £?abt schweres Herzeleid zu rächen,
will der Besiegte sich ergeben,
So nehmt sein Wort und laßt ihn leben.
Ihr sollt nun oft die Waffen tragen;
Da wird Luch Lisenruß beschlagen.
(95 Legt Ihr sie ab, so säumet nicht
Und wascht Luch bfand und Angesicht?;
Laßt wieder Luch in Anmut schaun;
Denn darauf achten edle Fraun.
Seid männlich stets und wohlgemut;
200 So lobt man Luch und wird Luch gut.
Denkt, daß Ihr Frauen liebt und ehrt;
Denn das erhöht des Iürrglings wert.
Bleibt ihnen treu ergeben;
Das adelt Mannes Leben.
205 verlegt Ihr Luch auf Lügen,
Ist manche zu betrügen,
wer aber Lieb mit List erringt,
Dem wird ein Sieg, der Schande bringt.
Den Dieb, wie leicht er schleichen mag,
2\0 verrät das dürre cholz irn bfag,
Das unter ihm zerbirst und kracht,
So daß der Wächter drob erwacht.
Auf solchen Räuberwegen
Ist mancher schon erlegen.
21,5 So geht's auch in der Minne:
Lin Weib von edlem Sinne
Rennt wachsam jeden falschen Laut;
wenn sie entrüstet Luch durchschaut,
Müßt Ihr in allen Tagen
7. der Harnischruß (mhd. ram) rührt vom Kettenhemd her. Aus dieser Stelle
kann man wohl schließen, daß zu des Dichters Zeit mancher Ritter es mit der
Sauberkeit nicht allzu genau nahm. Uber die Sitten einer späteren, allerdings
verwilderten Zeit geben uns die sogenannten „Tischzuchten" Aufschluß (vgl. als
Beispiel die „Tischzucht im Rosenton" in Kirschners Nat.-Lit. Bd. XII: Lehrhafte
Lit. des u. \5. Jahrh. v. Fr. Detter). Ihre Mahnungen beziehen sich aller¬
dings nicht auf die höfische Gesellschaft, doch ließ auch deren Benehmen im Mit¬
telalter nach unseren Begriffen zu wünschen übrig.
Lucas, Altdeutsches Lesebuch. ^0