— 2418 —
Wie oft hatten wir schon voll bangen Sehnens nach Südosten
gelauscht, ob Deimling noch immer nicht Entsatz und Rettung
bringe! Wie lange vermochte unser geschwächtes Häuflein dieser
Stellung und dieser Übermacht noch zu trotzen? Gegen Abend
war ferner Geschützdonner gehört worden. So beteuerten die einen,
während es andere für Täuschung der erregten Sinne erklärten.
Aber Major Meister mußte von der Schützenlinie die gewisse Mel—
dung haben, er versicherte die Richtigkeit. Deimling ist also im An—
marsch! Gott sei Dank! Aber die Entfernung muß noch sehr groß
sein! Was kann bis zu seinem Eintreffen alles geschehen, wenn
Hendrik die Gunst seiner Lage auszunützen versteht!
Das Gefecht tobt mit verstärkter Heftigkeit bis in die tiefe Nacht.
Am späten Abend eine neue aufregende Meldung! Etwa
250 Feinde, meist großwüchsige Gestalten, die Hälfte beritten, die
übrigen zu Fuß, sind über das Flußbett gezogen und scheinen sich
in unserem Rücken festzusetzen; die langen Kriegsleute müssen Herero
sein. Will Hendrik morgen von allen Seiten mit seiner großen
Überzahl angreifen?
Es kommt die zweite Nacht in diesem Ringen, während der
unsere Truppe in der Schützenlinie ausharrt. Wie unsere über—
lebenden Zugtiere vor Durst brüllen! Sonst ist's so unheimlich
still nach dem unaufhörlichen Geknatter.
Nur die Erschlaffung hilft einigen zu leisem, unruhigem Schlaf.
Dann wieder ernste, wache Stunden. Jeder Krieger ist allein mit
seinen Gedanken und seinem Gott. Von den Lagern der Verwun—
deten klagt hie und da ein verhaltenes Stöhnen.
Am Morgen des 4. Januar, unseres dritten Gefechtstages,
setzte das Feuer schwächer ein. Von der hohen Düne zu unserer
Linken fiel kein Schuß mehr. Es ist auch flußabwärts ein Trupp
in scheinbarem Abzuge gesehen worden. Zieht der Feind auf den
gestrigen Kanonendonner ab oder hat der alte, schlaue Hendrik
nur eine List ersonnen?
Nach einiger Zeit steht der Leitung jedoch fest, daß große Haufen
der Feinde abgezogen sind. Die Wasserstelle ist trotzdem noch so
stark besetzt geblieben, daß unsere hungernde und durstende Truppe
neuen Qualen, vielleicht trotz alledem ihrem Verderben entgegensieht.
Der Kommandeur berät mit einigen Offizieren, ob der Zu⸗
stand in ihren Reihen das Wagnis eines Sturmes noch irgend ge—
statte. Die Truppe soll möglichst mit Wasser versorgt werden und
ihre letzte Kraft zum Sturmangriff sammeln.