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rgelspiel wurde gelehrt, nachdem Karl die erste Orgel aus Konstantinopel
halten hatte. Aber die plumpen Franken zeigten sich ebenso ungeschickt zum
Singen als zum Spielen. Die Italiener verglichen ihren Kirchengesang mit
Geheul wilder Tiere und dem Gerumpel eines Lastwagens über einen
nüppeldamm. Auch Aleuin klagt oft in seinen Briefen, daß er bei den
ngen Franken so gar wenig ausrichten könne und mit einer fast tierischen
ölpelhaftigkeit zu kämpfen habe.
Zur Hebung des Verkehrs gedachte Karl die Donau und den Main durch
einen Kanal zu verbinden, was aber erst in unsern Tagen gelungen ist.
Es ist sehr anziehend, einen großen Mann auch in seinen geringen Be—
schäftigungen zu betrachten. Wenn er auf seine Höfe kam, ließ er sich die
one vorlegen, in welche alles bis auf die Anzahl der Eier eingetragen
ein mußte; er überzählte Einnahme und Ausgabe, rechnete seinen Verwaltern
nach und machte Bauanschläge, als wäre er nichts als ein Landmann.
6. Den Gipfel menschlicher Größe erstieg Karl im dreiunddreißigsten
dahre seiner Regierung durch seine Krönung zum römischen Kaiser. Der Papst
Rom, Leo III., hatte ihn zum Schutzherrn angenommen. Im Jahre 800
x Karl in Rom, wo er die gestörte Ordnung wieder herstellte und den Papst
seiner Würde befestigte. Am Weihnachtsfeste dieses Jahres, als in der
eterstirche auch Karl dem Hochaltare gegenüber betend kniete, ging plötzlich
o auf ihn zu, setzte ihm die Krone der römischen Kaiser auf das Haupt, und
die Kixche wiederhallte von dem freudigen Zuruf des Volks: „Leben und Sieg
em von Gott gekrönten, frommen, großen, friedebringenden Kaiser von Rom!“
—So lebte der abendländisch⸗römische Kaisertitel, der seit dem letzten römischen
aiser Romulus Augustulus im Jahr 476 erloschen war, wieder auf, und es
ist derselbe bis zur Auflösung des deutschen Reichs im Jahr 1806 also über
Jahrtausend, den deutschen Kaisern verblieben. — Karl war nun der oberste
err der ganzen abendländischen Christenheit.
Narls Ruͤhm war schon bei seinen Lebzeiten nicht bloß durch ganz Europa,
idern auch in die andern damals bekannten Weltteile gedrungen. Von allen
eiten erhielt er Zeichen der Achtung.
nn 7. Im Januar des Jahres 814 wurde Karl von einem hestigen Fieber
rgriffen. Seiner Gewohnheit nach wollte er sich durch Fasten helfen; aber es
war umsonst. Am 28. Januar des genannten Jahres befahl er den rastlosen
Geist in Gottes Hände und schloß als ein zweiundsiebzigjähriger Greis die
Augen, deren Winken beinahe ein halbes Jahrhundert hindurch ein Weltteil
lehorcht hatte. Er starb zu Aachen, wo er auch das Licht der Welt erblickt
haben soll und woselbst sein Lieblingsaufenthalt war. — Der Leichnam wurde
desalbt und in der Kirche, die er selbst erbaut, beigesetzt. Im vollen kaiser—
ichen Schmuck, mit einem Evangelienbuch auf den Knieen, einem Stück des
eiligen Kreuzes auf seinem Haupte und der goldenen Pilgertasche um die
ifte, seßte man ihn in aufrechter Stellung auf einen goldenen Stuhl. Die
ruft wurde mit Weihrauch, köstlichen Spezereien und vielen Schätzen gefüllt
ud darauf verschlossen und versiegelt. Später ließ Friedrich Barbarossa die
eine Karls in ein prächtiges Grabmal legen.
1. Karls Sohn, Ludwig der Fromme, hatte während seiner Regierung viele
ämpfe mit seinen Söhnen zu bestehen. Nach seinem Tode (840) setzten diese den Krieg
e sich fort, bis es 843 zum Vertrage zu Verdun (pr. Werdöng) kam. Ludwig
r Deuͤtsche genannt (8340 876), erhielt Ostfranken Deutschland bis zum Rhein)
arl der Kable Westfranken (Frankreich) und Lothar Italien. die Schweiz und einen