Full text: Oldenburger Volksschullesebuch für Oberklassen

8 
kann Euch nichts dafür zuliebe sagen. Euer Michael ist dumm und bleibt 
dumm und wird aus der Bahn gejagt werden. Was Ihr ihm heute sagt, hat 
er morgen vergessen; sobald es zur Arbeit geht, ist er schläfrig und träge; 
gilt es aber, einen dummen Streich zu machen, ist er allemal der Anführer, 
er und der verdammte Negerjunge Jan Compannei. Dieses schwarze Un— 
getüm hat Euern Jungen vollends verdorben. Wenn der Michael nächsten 
Sonnabend fortgejagt wird, könnt Ihr einen Bierzapfer aus ihm machen; das 
ist alles, wozu der niederträchtige Junge taugt.“ 
„Herr Werkmeister,“ sagte Adrian de Ruyhter tief gekränkt, „dergleichen 
Worte müßt Ihr nicht sagen! Wir sind arme Leute, wir de Ruyters, vom 
Großvater her; aber wir sind ehrlich und brav, und es ist nichts Niederträch— 
tiges in uns. Mein Michael ist auch gut und brav, und niemals hat er 
etwas Unrechtes gethan.“ 
„Zum Teufel mit Euerm Michael!“ schrie der Werkmeister. „Ich dulde 
ihn nicht länger auf der Bahn! Er oder ich!“ 
Der Werkmeister hatte sich in Zorn gesprochen und stieß noch heftigere 
Drohworte aus, als von der äußersten Reede her ein Schuß fiel und ein 
großer Dreimaster mit breitem Bord unter vollen Marssegeln langsam heran— 
steuerte. Die Seilerknechte steckten die Köpfe zusammen, den neuen Ankömm— 
ling beschauend und sich ihre Bemerkungen zuflüsternd. Der Werkmeister aber 
hatle bei diesem Ereignis alle seine Heftigkeit vergessen und rief: „Hurra! 
das ist Admiral Jakob Heemskerk! Nun giebt's Bestellungen und Arbeit 
vollauf! nicht zu gedenken der lustigen Geschichten von gesunkenen und ge— 
enterten Schiffen, von abgeschossenen Beinen und gespaltenen Köpfen; denn 
wo der Jakob Heemskerk kommandiert, daß sie hinschlagen sollen, da wächst 
fürder kein Gras. Er ist der beste Offizier in der Flotte und fürchtet selbst 
den Teufel nicht; das habt ihr anno 1607 vor Gibraltar gesehen oder hättet 
es doch sehen können, wenn ihr Courage genug gehabt hättet, dabei zu sein. 
Frisch, Jungens! dem müssen wir bei seiner Heimkehr ein lautes Hurra 
bringen!“ 
Die Seilerknechte folgten seiner Anweisung, und voll Begeisterung für 
seinen Seehelden, unter dessen Befehlen er einst stand, bemerkte er es nicht, 
daß alle Räder aufhörten sich zu drehen, sondern plauderte ruhig weiter von 
türkischen Schebecklen, spanischen Galeonen und dem Ruhm der niederländischen 
Flagge. 
Unterdessen hatte der Bierzapfer seine Körbe aufgenommen und war unter 
ein Schauer getreten, wo einer der Radjungen, ein leichtes, behendes Bürsch— 
chen von kaum zehn Jahren, mit einem Negerknaben in Streit geriet. Ob— 
gleich dieser lettere von starkem Wuchse war und zwei kräftige Fäuste empor— 
ftreckte, während seine Augen wie ein Paar Kohlen glühten, zeigte der Junge 
doch nicht die geringste Furcht, sondern dem Gegner keck entgegen tretend sprach 
er laut: „Sage es noch einmal, verdammter Schwarzer! Sage es nur noch 
einmal! Was weißt du davon, und was hast du mit den Spaniern und 
Franzosen zu schaffen, da du doch hier bist und niederländisch Brot frißt! 
Was! uns sollen die Spanier unterkriegen? Ich will es nicht! Ich leide es 
nicht! Sieh die großen Fluiten, die da draußen liegen, und den Dreimaster, 
der dort einsetzt! Sieht mir recht danach aus, als ob er einen Spanier an 
Bord kommen ließe!“ 
Der Neger grinste: „Hollandaise nicks! Spaniol groß! Portugaise groß! 
Franzuß groß und stark! Hollandaise viel Prügel!“
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.