Full text: Deutsches Lesebuch für höhere Lehranstalten

Prosa. — Manifest. 
der Güter, die unter ihnen unsre Vorfahren blutig erkämpften: Gewissensfrei— 
heit, Ehre, Unabhängigkeit, Handel, Kunstfleiß und Wissenschaft. Gedenkt des 
großen Beispiels unsrer mächtigen Verbündeten, der Russen; gedenkt der Spa— 
nier und Portugiesen! Selbst kleine Völker sind für gleiche Güter gegen mäch— 
tigere Feinde in den Kampf gezogen und haben den Sieg errungen, erinnert 
euch an die heldenmüthigen Schweizer und Niederländer! 
Große Opfer werden von allen Ständen gefordert werden; denn unser 
Beginnen ist groß und nicht gering die Zahl und die Mittel unsrer Feinde. 
Ihr werdet jene lieber bringen für das Vaterland, für euren eingebornen 
König, als für einen fremden Herrscher, der, wie so viele Beispiele lehren, 
eure Söhne und eure Kräfte Zwecken widmen würde, die euch ganz fremd 
sind. Vertrauen auf Gott, Ausdauer, Muth und der mächtige Beistand unsrer 
Bundesgenossen werden unsern redlichen Anstrengungen siegreichen Lohn ge— 
währen. 
Aber welche Opfer auch von einzelnen gefordert werden mögen, sie wiegen 
die heiligen Güter nicht auf, für die wir sie hingeben, für die wir streiten und 
sjegen müssen, wenn wir nicht aufhören wollen, Preußen und Deutsche zu sein. 
Es ist der letzte entscheidende Kampf, den wir bestehen für unsre Existenz, 
fü: unsre Unabhängigkeit, für unsern Wohlstand. Keinen andern Ausweg giebi 
es, als einen ehrenvollen Frieden oder einen ruhmvollen Untergang. Auch die— 
sem würdet ihr getrost entgegengehn, um der Ehre willen, well ehrlos der 
Preuß und der Deutsche nicht zu leben vermag. Allein wir dürfen init fester 
Zuverscht vertrauen, Gott und unser fester Wille werden unsrer gerechten Sache 
den Sig verleihen, mit ihm einen sichern glorreichen Frieden und die Wieder— 
kehr eine glücklicheren Zeit. 
Bredau, den 17. März 1813. 
2 briese. 
A. Freundschaftliche Briefe. 
a. Glückwunschschreiben. 
6. F. v. Schiller an Körner und seine Braut. 
Gohlis, 7. August 1785. 
An dem Morgu des Tages, der euch grenzenlos glücklich macht, bete ich 
freudiger zu der Allmaht. 
Wünschen kann id euch nichts mehr. Jetzt habt ihr ja alles. Euer Glück 
zu vergrößern, müßte de Himmel eure Sterblichkeit aufheben. 
Euer Glück ruht ineurxen Herzen, es kann also nimmermehr ören. 
Aber wenn ihr nichts zu wůnschen findet, wenn das Wonnegefühl, euch 
zu besitzen, eure ganze Sece füllt, so schenkt wenigstens einen Seilenblick noch 
der Freundschaft. Vergeßt icht, daß sie für euch betet, für euch Thränen der 
Freude weint und sich so ungen von dem lieblichen Traume trennt, eure Tage 
vexschönern zu helfen. Entlaß fie ihrer Pflichten nicht — sie sind ihre Glück— 
seligkeit und wie viel bleibt ih übrig, wenn ihr gar nicht mehr wünschen wollt? 
Sehnsucht, sich nie von Wesen zu scheiden, das einst unserm 
Herzen so theuer war, hat die Unen erfunden. Sie erinnern an ewige Dauer, 
darum seien sie heute das Symbo eurer Liebe und unsrer Vereinigung.
	        
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