Full text: Deutsches Lesebuch für höhere Lehranstalten

Poesie. — Balladen und Romanzen. 
„Halloh, Gesellen! drauf und dran!“ Entgegen weht ihm kaltes Grausen, 
Hui! schwinden Mann und Hütte vorn, Dem Nacken folgt Gewittersausen. 
Und hinten schwinden Roß und Mann; 32. Das Grausen weht, das Welter 
Und Knall und Schall und Jagdgebrülle saust, 
Verschlingt auf einmal Todtenstille. Und aus der Erd' empor, huhu! 
27. Erschrocken blickt der Graf umher; Fährt eine schwarze Riesenfaust; 
Er stößt ins Horn, es tönet nicht; Sie spannt sich auf, sie krallt sich zu; 
Er ruft und hört sich selbst nicht mehr; Huil! will sie ihn beim Wirbel packen 
Der Schwung der Peitsche sauset nicht; Hui! steht sein Angesicht im Nacken. 
Er spornt sein Roß in beide Seiten, 33. Es flimmt und flammt rund um 
Und kann nicht vor und rückwärts reiten. ihn her, 
28. Drauf wird es düster um ihn her, Mit grüner, blauer, rother Glut; 
Und immer düstrer, wie ein Grab. Es wallt um ihn ein Feuermeer; 
Dumpf rauscht es, wie ein fernes Meer. Darinnen wimmelt Höllenbrut. 
Hoch über seinem Haupt herab Jach fahren tausend Höllenhunde, 
Ruft furchtbar, mit Gewittergrimme, Laut angehetzt, empor vom Schlunde. 
Dies Urtheil eine Donnerstimme: 34. Er rafft sich auf durch Wald 
29. „Du Wüthrich! teuflischer Natur, und Feld, 
Frech gegen Gott und Mensch und Thier! Und flieht, laut heulend Weh und Ach. 
Das Ach und Weh der Creatur Doch durch die ganze weite Welt 
Und deine Missethat an ihr Rauscht bellend ihm die Hölle nach, 
Hat laut dich vor Gericht gefodert, Bei Tag tief durch der Erde Klüfte, 
Wo hoch der Rache Fackel lodert. Um Mitternacht hoch durch die Lüste. 
30. Fleuch, Unhold! fleuch, und 35. Im Nagken bleibt sein Antliß stehn 
werde jeht, So rasch die Flucht ihn vorwärts reißt 
Von nun an bis in Ewigkeit, Er muß die Ungeheuer sehn, 
Von Höll' und Teufel selbst gehett! Laut angehetzt vom bösen Geist, 
Zum Schreck der Fürsten jeder Zeit, Muß sehn das Knirschen und das Jappen 
Die, um verruchter Lust zu frohnen, Der Rachen, welche nach ihm schnappen. 
Nicht Schöpfer, noch Geschöpf ver— 36. Das ist des wilden Heeres Jagd, 
schonen!“ — Die bis zum jüngsten Tage währt, 
31. Ein schwefelgelber Wetterschein Und oft dem Wüstling noch bei Nacht 
Umzieht hierauf des Waldes Laub. Zu Schreck und Graus vorüber fährt. 
Angst riefelt ihm durch Mark und Bein; Das könnte, müßt' er sonst nicht schweigen, 
Ihm wird so schwül, so dumpf und Wohl manches Jägers Mund bezeugen. 
taub! 
282. W. v. Goethe: Der Sünger. 
1. Was hör' ich draußen vor dem Thor, Schließt, Augen! euch! Hier ist nicht Zeit, 
Was auf der Brücke schallen? Sich staunend zu ergötzen. 
Laß den Gesang vor unserm Ohr 3. Der Sänger drückt' die Augen ein 
Im Saale widerhallen! Und schlug in vollen Tönen; 
Der König sprach's, der Page lief, Die Ritter schauten muthig drein 
Der Knabe kam, der König rief: Und in den Schooß die Schönen. 
Laßt mir herein den Alten! Der König, dem das Lied gefiel, 
2. Gegrüßet seid mir, edle Herrn! Ließ, ihn zu ehren für sein Spiel, 
Gegrüßt ihr, schöne Damen! Eine goldne Kette reichen. 
Welch reicher Himmel! Stern bei Stern! 4. Die goldne Kette gieb mir nicht! 
Wer kennet ihre Namen? Die Kette gieb den Rittern, 
Im Saal voll Pracht und Herrlichkeit Vor deren kühnem Angesicht 
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