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Tierreich müssen herhalten, seinen Gaumen zu kihzeln und seinen Magen
zu füllen. Getreide und Hulsenfrüchte jeder Art sind seine Alltagskost grüne
Kräuter, Wurzeln, Obst bilden seinen Nachtisch Will er ein besonderes
Leibgericht haben, so macht er auch Jagd auf Mäuse, junge Wachteln,
Rebhühner und junge Hasen.
Du darfst aber nicht meinen, daß er darum ein Weichling sei. Seine
kurze, kräftige Gestalt, die durch die gespaltene Schnauze hervorguckenden
Vorderzahne, die dunkelbraunen, trotzigen Augen zeigen schon im voraus,
daß er eher mit jedem Feinde den Kampf aufnimmt, als die Flucht ergreift.
Komm ihm ja nicht zu nahe! Leicht sitzt er mit kühnem Sprunge dir an
der Bruft, und du kannst froh sein, wenn du ohne Bisse durch den Finger
Ider in bie Hand ihn wieder los geworden bist. Pferde, die ihm in den
Weg kommen, fällt er wütend an, indem er ihnen nach dem Kopfe springt,
und Hunde mussen es klug anfangen, wollen sie nicht im Kampfe mit ihm
den kuͤrzeren ziehen.
Doch das alles möchte noch sein. Wäre er nur sonst nicht ein Ge—
selle von unfeiner Lebenart! Er ist ein mürrischer Einsiedler, ein streit—
fuchtiger Raufbold. Mit allen fleineren Tieren steht er auf Kriegsfuß und
lebl mit seinen nächsten Blutsverwandten in bitterer Feindschaft Nicht
einmal sein Weib leidet er im Hause, und die Mutter jagt schon drei Wochen
nach der Geburt die Kinder aus ihrer Höhle hinaus Der Hunuer möchte
am liebsten alles für sich allein haben und allein genießen. Darum schleppt
e von len Ecen und Enden Vorrat, manchmal bis zu 100 Pfund, in
seiner Burg zusammen. Dabei leisten ihm seine weiten Backentaschen vor⸗
reffliche Diensten Jede faßt zwei bis drei Lot Körner. Mit einer Ge—
schwindigkeit, die einem Taschenkünstler alle Ehre machen würde, versteht er
sie zu füllen und mit den Vorderpfoten wieder leer zu machen. Den Vorrat
sammelt er für den Herbst und den Frühling Den Winter verschläft er.
Ehe er in seiner Kammer, die mit dem feinsten zerbissenen Stroh weich
usgefüttert ist, ungefahr gegen Ende November sich schlafen legt, ver—
rannnelt er etwa Mitte Oltober die beiden Eingänge, legt die Kornkammern
tiefer, beißt an allen Körnern und Früchten die Keime ab und zehrt nun
in aller Ruhe die Hälfte oder zwei Drittel seines Vorrates auf. In seinem
Winterschlafe liegt er wie tot; man kann ihn in diesem Zustande mitten
entzwei schneiden, fast ohne ein Zucken an ihm wahrzunehmen. Im Maärz
erwacht er allmählich wieder und fallt nun mit Heißhunger über den Rest
seines Vorrates her. Nach Runkwitz
47. Der Geiger in der Wolfsgrube.
Vor niceht so gar langer Zeit gab es in den deutschen Mäldern
noch viele Wölfe, und mancher Bauer weiss noch die Geschichte
ron jenem Geiger in der Wolfsgrube so gut, als wäre sie gestern
geschehen obgleich sie ihm sehon sein Grossvater erzuhlt hbat. Es
Sing nämsieh einmal ein Geigersmann von einer Kirehwein nach
Hause, auf veleher er den Leuten bis tief in die Nacht aufgegeigt
as Minnlein ging ohnehin vieht gern auf dem geraden
Wege und kam daher auch in dem dieken Forste, duroh den es
ute. bald bo veit zur Seite ab. dass es am Ends in eine Grube