Ein Muttergrab, ein heilig Grab,
für dich die ewig heil ge Stelle!
O wende dich an diesen Ort,
wenn dich umtost des Lebens Welle!
Wilhelm Kaulisch.
5. Der Solnhofer Knabe.
1. An der Altmühl, ungefähr eine Viertelstunde unterhalb Soln⸗
hofen, ist eine Glashütte im Gange. Das Holz zu den Ofen kann
leicht über die jähen Bergwände herabgelassen werden, und der reine,
zuckerweiße Sand findet sich da und dort in Nestern, oft nicht tief
unter dem Rasen. Ehe man aber anfing, diesen Sand in Glas zu
verwandeln, bestreuten oder scheuerten schon die Hausfrauen in der
Umgegend ihre Stubenböden, Tische, Bänke und hölzernen Geschirre
damit und kauften ihn von Weibern, die ihn bei Solnhofen gruben
und in kleinen Säcken zum Verkauf in die umliegenden Orte trugen
2. In früherer Zeit befaßte sich jahrelang nur ein einziges
Weib mit diesem beschwerlichen Handel, bei dem sie oft über fünfzig
Pfund auf dem Rücken aus-⸗ und nur ein paar Heller in der Tasche
dafür heimtrug. Sie war eine Witwe in mittlerem Alter und hatte
einen Knaben von zwölf Jahren, der im Sommer die Ziegen des
Orts hütete und im Winter mit seiner Mutter in den unterirdischen
Felsenklüften Sandnester aufsuchte und ausbeutete. An Unterhaltung
fehlte es ihm im Sommer bei seinen Ziegen auch auf den einsamen
Hbhen nicht. Da lag der damals noch unbenutzte Kalkschiefer so am
Tage, daß es ihm leicht war, Platten davon herauszuholen und aus
ihnen mit einem ganz kleinen Hammer, den ihm noch sein verstorbener
Vater gemacht hatte, regelmäßige Vierecke zu fertigen.
3. Was man so verkehrterweise Zufall nennt, führte den Knaben
zu einer wichtigen Erfindung. Benedikt legte einmal eine Schiefer—
platte, wie er sie aus dem Boden gebrochen hatte, auf seinen Schoß,
zeichnete mit einer Kohle von seinem Hirtenfeuer ein Viereck daraus
und sprach dann bei sich: „Wenn ich fünfzig solche viereckige Tafeln
hätte, könnte ich meine ganze Hausflur damit belegen, wo jetzt die
Hühner scharren, wenn es draußen regnet.“ Und während er dies
dachte, klopfte er mit seinem Hämmerlein auf dem einen schnurgeraden
Kohlenstrich sanft auf und ab; denn er freute sich über den hellen
Klang der Platte. Aber auf einmal wurden die hellen Töne dumpf
und immer dumpfer, wie bei einer zersprungenen Glocke, und zuletzt