Helden aus der Wanderzeit der germanischen Völker.
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Frankreich, wo damals noch die Römer herrschten. Eine Menge blühender
Städte sank in Schutt und Asche; Plünderung, Mord und Brand bezeichneten
den Weg, den die wilden Scharen des Hunnenkönigs einschlugen.
In dieser Not verbanden sich Römer und deutsche Völker (Westgoten,
Franken u. a.), der „Gottesgeißel“, wie Attila sich selbst nannte, gemeinsam
entgegenzutreten. Auf den Katalaunischen Ebenen, wo jetzt die Stadt
Chalons (spr. schalöng') liegt, stießen die feindlichen Heere aufeinander.
Hier wurde die große Hunnenschlacht (X61 n. Chr.) geschlagen, in der
es sich entscheiden sollte, ob Europa hinfort den kräftigen deutschen Völkern
oder den hunnischen Barbaren gehören sollte. Es war ein fürchterlich
blutiger Kampf. So grimmig war die Wut der Streitenden, daß die Sage
erzählt, noch drei Tage nachher hätten die Geister der Erschlagenen in den
Lüften miteinander gerungen. Gegen 200 000 Tote bedeckten das Schlacht⸗
feld. Aber Attila wurde geschlagen und mußte nach Ungarn zurückkehren.
Freilich war er noch stark genug, im nächsten Jahre einen Raubzug nach
Italien auszuführen; doch das war seine letzte Heerfahrt. Bald darauf
raffte ihn ein plötzlicher Tod dahin (463). Schnell wie seine Herrschaft
entstanden war, endete sie: die unterjochten Völker befreiten sich wieder, und
die Hunnen kehrten wieder in jene Steppen Asiens zurück, aus denen sie
gekommen waren.
2. Alarich, der Westgote. Die Hunnen stießen bei ihrem Zuge
nach Westen auf die Goten. Die Ostgoten wichen zurück, und ihre Brüder,
die Westgoten, von ihnen fortgeschoben, drangen nun in hellen Haufen ins
römische Reich. Ihr tapferer König Alarich fiel in Italien ein und rückte
siegreich bis vor die Thore der Stadt Rom. Jetzt ergriff die Römer Angst
und Entsetzen. Seit vielen Jahrhunderten war kein Feind der Stadt so nahe
gekommen. Eilig schickte man Gesandte an Alarich, um ihn zur Umkehr
zu bewegen. „Unzählbar,“ prahlten diese vor dem Westgotenkönig, „sind die
Bewohner Roms, beherzt und in den Waffen wohlgeübt.“ Alarich aber lachte
laut und rief: „Je dichter das Gras steht, desto leichter ist es zu mähen!“
Und er forderte, daß ihm alles, was Rom an Gold, Silber, kostbaren Geräten
und deutschen Sklaven besaß, ausgeliefert werde. „Was willst du uns denn
übrig lassen?“ fragten die bestürzten Römer. „Euer Leben!“ lautete die
Antwort. Und die stolze Stadt mußte sich fügen; mit einer unermeßlichen
Geldsumme erkaufte sie sich Verschonung, und Alarich zog mit seinen West—
goten ab. Aber im folgenden Jahre kehrte er wieder, eroberte die Stadt und
Hlünderte sie aus. Mit Beute beladen, brach er dann nach Süditalien auf,
um von dort nach Sizilien und Afrika überzusetzen. Aber auf dem Wege
erlag der jugendliche Held den Anstrengungen und dem Klima. Seine Goten
gaben ihm nächtlich bei Cosenza am Busento ein verborgenes königliches