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168. Schweinfurt.
Auen der Hauptstadt von Oberfranken zu. Von hier aus schlängelt sich der
Fluß zwischen Dörfern und Rittersitzen hin und nimmt zahllose Bäche in
sich auf, die von beiden Seiten zu seinem silbernen Bette herbeieilen.
Eine Stunde westlich von Kulmbach erhebt sich ein hübsches Schloß
aus grauem Quadergestein, von Bäumen und Wiesen umgeben, deren üppiges
Grün erraten läßt, daß ihr Boden von Quellen benetzt wird. Das Schloß
heißt Steinhausen und ist im Besitze der freiherrlichen Familie von Gutten—
berg. Im Angesicht seiner Mauern begegnen sich zwei Flüsse silbern und
hell, noch unverdorbene Söhne des Gebirgs, zwei Brüder: der Weiße und
ber Rote Main. Sie umarmen sich wie zwei Jünglinge, welche sich zur
gemeinsamen Wanderung durch die weite Welt anschicken.
168. Schweinfurt.
Dr. J. Orth.
Wo der Main seinen westlichen Lauf aufgibt und sich nach Süden
wendet, um im sog. Maindreieck die fränkische Platte zu umfließen, liegt
die alte Stadt Schweinfurt.
In grauer Zeit schon trug die Peterstirn, eine etwa 8 Minuten
von der gegenwärtigen Stadt entfernte Höhe, die Burg der Grafen
von Swinfurt und auch eine dem Reiche gehörige Feste. Unter ihrem
Schutze war die erste Ansiedelung entstanden. Noch heute ist das alte
Schweinfurt und die Peterstirn von Sagen umwoben. Das Volk erzählt
sich von vergrabenen Schätzen, von der Schlange mit dem goldenen
Krönlein auf dem Haupte, welche einem Häcker erschienen, von der
Wasserjungfrau, für die ein Ritter im Turniere in der „langen Schranke“
den Preis der Schönheit gewann, und von dem Wolfe, welcher einst in
harter Winterzeit in die Stadt drang und, von Menschen umringt, in
einem Brunnen, dem Wolfsbrunnen in der Wolfsgasse, sein Ende fand.
Heute ist Schweinfurt eine äußerst rege Industrie- und Handelsstadt.
Seine Farbwaren — Bleiweiß, Ultramarin und Schweinfurter Grün —
haben seinen Namen in alle Welt getragen. Der letztgenannte Farbstoff
ist wegen seiner Schönheit ebenso beliebt wie wegen seiner Giftigkeit
gefürchtet. Deshalb dürfen Tapeten, Möbelstoffe, Vorhänge, Kleider
und Spielwaren nicht mehr damit gefärbt werden. Von all den vielen
gewerblichen Anlagen der aufblühenden Stadt sei nur der bedeutenden
Kunstmühlen und der großen Schuhfabrik gedacht. In den letzten Jahr—
zehnten, in welchen das Fahrrad seinen Siegeszug durch alle Lande
gehalten, ist in Schweinfurt eine kräftige Industrie entstanden, welche
Stahlkugeln für Kugellager der Fahrräder liefert.
Der Handel mit allen erdenklichen Dingen ist in erfreulichem Auf—
schwunge begriffen. Eine hervorragende Bedeutung aber besitzen die
Viehmaͤrkte, welche je nach 14 Tagen stattfinden. Händler aus allen
Teilen unsres Vaterlandes besuchen die Schweinfurter Märkte. Da kauft
sich der Magdeburger Händler das fränkische Jungvieh, welches dann in