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als sei es sein Stühlchen. Mit dem starken geraden Schnabel hämmert
er jetzt so geschwind an den Ast, daß dieser ins Zittern geräth und
laut schnurrt. Es ist das Hochzeitslied des Spechtes, er lockt sein
Weibchen mit trommeln wie die Singvögel mit flöten.
Nicht lange währt es, so kommt auch das Spechtweibchen herbei
und begrüßt den fleißigen Waldzimmermann. Beide jagen sich mit
neckischem Spiel hin und her und treiben allerlei Kurzweil. Dann aber
denken sie daran, eine Wohnung zu bauen, in der sie die Jungen sicher
auffüttern und groß ziehen können. So fliegen sie im Hochwalde von
Baum zu Baum und sehen einen Stamm nach dem andern genau an.
Nicht jeder eignet sich gleich gut zu einem Spechtneste. Nach vielem
Suchen haben sie endlich eine mächtige Buche gefunden, die mit glattem
Stamme hoch hinaufragt. Der Specht versteht sein Handwerk von Grund
aus; er weiß genau, daß die große Buche innen angefault ist. Hoch
droben ist eine Stelle, an welcher ehemals ein starker Ast saß; in einem
harten Winter war derselbe erfroren, dann mürbe geworden und
abgefallen. Dort macht der Specht die Thür zu seiner Burg. Mit
kräftigen Schnabelhieben schlägt er ins mürbe Holz, daß die Splitter
umherfliegen, und klammert sich dabei mit den Krallen in der Rinde
fest. Er macht das Loch so groß, daß er bequem hinein kriechen kann.
Männchen und Weibchen wechseln dabei treulich ab; das letztere
arbeitet während des Vormittags, dann fliegt es nach Nahrung aus,
und das Männchen hackt weiter.
Ist der Eingang weit genug und ein Stück wagerecht in den
Baum hineingearbeitet, so wird die Röhre im Knie nach unten hin
fortgeführt und schließlich eine geräumige Höhlung gemeißelt, die groß
genug ist für die Eier und für den brütenden Vogel. Die Arbeit im
Innern ist anfänglich beschwerlich und anstrengend, denn der Vogel
kann den Kopf in dem engen Raume nur wenig zurückbiegen, um aus⸗
zuholen. Die Späne, die er anfänglich losbringt, sind deshalb auch
klein, erst beim Weiterrücken der Arbeit werden sie größer.
Obschon beide Spechte Tag für Tag fleißig arbeiten, währt es
doch gewöhnlich ziemlich zwei Wochen, ehe alles fertig ist. Der Grund
der Höhlung ist mit feinen Holzspänchen gefüttert; auf diese legt das
Weibchen die Eier, gewöhnlich 8 oder 4. Diese sind klein, auffallend
langrund, glänzend und von rein weißer Farbe.
Auch beim Brüten lösen sich beide Spechte regelmäßig ab. Das
Weibchen sitzt auf den Eiern den ganzen Nachmittag und die Nacht
hindurch, das Männchen brütet vom Morgen bis Mittag. Wird eines
von beiden währenddem etwa getödtet, vielleicht vom Wiesel oder
Marder gefangen, so brütet das andere doch weiter und nimmt sich
kaum Zeit, um die nöthigste Nahrung zu suchen. Kommen die
Jungen glücklich aus, so fuͤttert es dieselben mit um so größerem
Eifer.
Die jungen Spechte haben anfänglich ein grundhäßliches Ansehen.
Ihr Kopf erscheint im Verhältnis zum übrigen Körper ungeheuer dick
und unförmlich, und in den Schnabelwinkeln stehn knorpelige Knoten.
Allein ihre Eltern lieben sie doch zärtlich, mögen sie aussehen, wie sie
wollen, — sind's doch ihre Kinder.
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