Full text: [Oberstufe, [Schülerband]] (Oberstufe, [Schülerband])

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Faustrecht. Das Rittertum verlor durch solche Ausartung seinen 
alten Ruhm. Endlich, als das Schiesspulver erfunden und dadurch 
das Kriegswesen völlig verändert wurde, hörte das Rittertum nach 
und nach ganz auf. 
Was dem Rittertume einen besonderen Glanz verlieh, waren 
die Turniere oder Kampfspiele, die mit dem 12. Jahrhunderte 
gewöhnlich wurden. Die Turniere waren Festspiele, welche den 
Rittern Gelegenheit gaben, Proben ihrer Tapferkeit und Gewandtheit 
abzulegen und so Ruhm und Beifall von einer schaulustigen Menge 
einzuernten. Der Turnierplatz war mit Schranken umgeben, hinter 
denen das Volk stand. Die Fürsten und Edelfrauen safsen auf 
reichverzierten Schaubühnen. 
Diese Waffenspiele fanden auf besondere Veranlassung oder 
auch gelegentlich bei Vermählungen und anderen Festen statt. 
Ganz Deutschland zerfiel in vier grosse Turnierbezirke, deren jedem 
ein Turniervogt vorstand. Die Vögte luden durch offene Briefe, 
die von den Turnierherolden bestellt wurden, schon lange vorher 
zu den Kampfspielen ein. Fürsten, Ritter, Damen stellten sich 
dann von nah und fern in den prächtigsten Anzügen ein. Doch 
durfte nicht jeder Ritter an dem Kampfspiele teilnehmen, vielmehr 
musste er seine Turnierfähigkeit, d. h. seine reine adelige Geburt 
und seine Unbescholtenheit, vor dem Turniervogte erweisen. Auf 
den mit Tapeten behangenen, mit Bannern, Blumengewinden und 
Schildereien geschmückten Bühnen prangten die Damen im Schmucke 
der Schönheit und in den reichen Trachten jener Zeit. In der 
Regel wurden die Kampfspiele mit einem Knappenturnier, der so¬ 
genannten Turnierprobe, begonnen, wobei Knappen mit leichten 
Waffen kämpften. Die Tapfersten unter ihnen erhielten oft die 
Ritterwürde und konnten sogleich an dem Ritter- und Meisterturniere,, 
das ein bis zwei Tage später kam, teilnehmen. Die sämtlichen 
Ritter zogen dann, nachdem sie eine Messe angehört hatten, mit 
einer Schar Trompeter an der Spitze, vom Kopfe bis zum Fusse in 
Stahl gehüllt, mit prächtigen Federbüschen und Schärpen auf Rossen, 
die ebenfalls gewappnet und reich geschmückt waren, jeder seinen 
Knappen hinter sich, langsam vor die Schranken. Nachdem hier 
genau untersucht worden war, ob ihre Waffen und überhaupt ihre 
ganze Ausrüstung in Übereinstimmung mit den Turniergesetzen 
seien, ritten sie in die Schranken ein. Die Kämpfe zerfielen im 
allgemeinen in Haufen- und Einzelkämpfe. Bei den Haufenkämpfen 
wurde vom Rosse aus mit dem Turnierkolben oder mit stumpfen
	        
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