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Einige hundert Schritt näher dem Nile zu liegt die wunderbare Sphinx,
welche gleich einem Riesenwächter ihre Pyramidenheerde bewacht. Der
Koloß wurde aus dem Felsen des Gebirgszuges selber ausgehauen, und da
er sich 12112 Meter über den Boden erhebt, so kann man sich denken, welche
ungeheure Steinmasse fortgehauen werden mußte, bis man nur die Ebene
gewann. Die ganze Länge der aus Einem Steine gehauenen Sphinx beträgt
mehr als 36 Meter, der Umfang des Kopfes bis zur Stirn nicht weniger
als 25 Meter. Sie ist in Wahrheit ein Räthsel, eine der geheimnißvollen
Hieroglyphen, die das wunderbare Volk der Aegypter uns hinterlassen hat,
und die ganz zu entziffern uns noch lange nicht gelingen wird.
Nach Grube.
13. Die Ruinen von Karnak.
Vier arabische Ortschaften liegen jetzt auf den Trümmern des alten No—
Ammon oder Theben: Karnak und Luksor auf dem östlichen, Kurna und
Medinet Habu auf dem westlichen Ufer des Nils. Die großartigsten Ruinen
aber sind die von Karnak. Hier lag der große Reichstempel der hundert—
thorigen Königsstadt, welcher dem Ammon-Ra, dem Könige der Götter und
dem besonderen Localgotte der nach ihm benannten Ammonsstadt, geweiht
war. Ap und mit dem weiblichen Artikel Tap, woraus die Griechen Theben
machten, hieß ein einzelnes Heiligthum des Ammon.
An diesen Tempel knüpft sich die ganze Geschichte des ägyptischen Reiches
seit der Erhebung der Ammonsstadt zu einer der beiden Landesresidenzen.
Alle Königsgeschlechter wetteiferten in dem Ruhme, zur Erweiterung, Ver—
schönerung oder Wiederherstellung dieses Nationalheiligthums das Ihrige
beigetragen zu haben.
Er ward unter der zwölften Reichsdynastie, der ersten thebaischen, von
ihrem ersten Könige, dem mächtigen Sesurtesen L, im viertletzten Jahrhundert
des dritten Jahrtausends vor Christo gegründet, und weist noch jetzt in
seiner Mitte einige Trümmer aus der Zeit und mit dem Namen dieses
Königs auf. Während der nächstfolgenden Dynastien, welche mehrere Jahr—
hunderte hindurch unter dem Drucke des siegreichen Erbfeindes seufzten,
stand auch das Heiligthum ohne Zweifel verwaist, und nichts hat sich erhalten,
was in diese Zeit gehörte. Nachdem aber dem ersten Könige der 17. Dynastie,
Amosis, im 17. Jahrhundert v. Chr. die erste Schilderhebung gegen die
Hyksos geglückt war, so erbauten schon seine beiden Nachfolger Amenophis J.
und Tuthmosis J. um die Reste des ältesten Heiligthums einen stattlichen
Tempel mit vielen Kammern und mit einem breiten Hofe nebst den zu—
gehörigen Säulenthoren oder Pylonen, vor welchen Tuthmosis J. zwei Obe—
lisken errichtete. Zwei andere Pylone mit anstoßenden Hofmauern wurden
von demselben Könige im rechten Winkel mit dem Tempel nach Luksor zu
erbaut. Tuthmosis IIl. und seine Schwester vergrößerten diesen Tempel nach
hinten durch einen auf 56 Säulen ruhenden Saal nebst vielen anderen