Full text: Deutscher Jugendfreund (Band 3, [Schülerband])

Märchen, Sagen und Legenden. 
6. Die Haubenlerche. 
Die Haubenlerche hatte ihr Nest in einem Gerstenfelde, und als 
nun das Getreide weiß zu werden begann, waren die Jungen noch 
nicht ganz flügge. Da sprach die Mutter, als sie nach Futter ausflog, 
zu ihren Kindern: „Gebt nur hübsch acht, ob etwas Neues passiert, und 
sagt mir's wieder.“ Ging der Herr des Kornfeldes mit seinem er— 
wachsenen Sohne vorüber und sprach zu ihm:„ Siehst du wohl? die 
Gerste wird reif, und es ist Zeit, sie zu schneiden: geh du morgen 
früh zu unsern Freunden und bitte sie, daß sie uns helfen bei unsrer 
Ernte.“ Als nun die Mutter wiederkam, erzählten ihr die Kinder, was 
sie geh vt, und baten sie, sie möchte sie an einen andern Ort hintragen. 
Aber die Mutter sprach: „Wenn der Herr mit seiner Ernte auf die 
Freunde wartet, so haben wir morgen noch Ruhe.“ Und so geschah's. 
Die Sonne schien heiß, und kein Freund ließ sich sehen. Da sprach 
der Herr zum Sohne: „Die Freunde bleiben aus; wir wollen doch 
unsre Vettern bitten, daß sie uns morgen zur Hand gehen.“ Die er— 
schreckten Jungen teilten auch dies der Mutter mit. Allein die Mutter 
sprach: „Noch könnt ihr ohne Sorge sein, so schnell kommen die Vet⸗ 
tern nicht; aber gebt nur acht, ob etwas Neues passiert.“ Am andern 
Tage flog die Lerche wieder nach Futter; aber die Vettern sparten 
sich dze Mühe. Da sprach der Herr zu seinem Sohne: „Laß nun die 
Freunde und die Vettern fahren! morgen früh holst du zwei Sicheln, 
mir eine und dir eine, und dann wollen wir uns selbst ans Schneiden 
machen.“ Da dies die Haubenlerche von ihren Jungen hörte, sprach 
sie: „Nun ist es Zeit, daß wir uns fort machen.“ Und sie trug ihre 
Kinder in ein anderes Feld. 
Wer andrer harrt, 
der wird genarrt; 
greif's selber an: 
selbst ist der Mann! 
7. Der grüne Psel. 
Wie oft weils nieht ein Narr durch thöricht Unternehmen 
viel fausend Thoren zu beschämen! 
Neran, ein kluger Narr, färbt einen Esel grün, 
am Leibe grũün, rot an den Beinen,
	        
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