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Daselbst erhub sich große Not,
viel Steine gab's und wenig Brot,
und mancher deutsche Reitersmann
hat dort den Trunk sich abgethan.
Den Pferden war's so schwach im Magen,
fast mußt' der Reiter die Mähre tragen.
Nun war ein Herr aus Schwabenland,
von hohem Wuchs und starker Hand,
des Rößlein war so krank und schwach,
10 er zog es nur am Zaume nach;
er hätt' es nimmer aufgegeben,
und kostet's ihn das eigne Leben.
So blieb er bald ein gutes Stück
hinter dem Heereszug zurück.
Da sprengten plötzlich in die Quer
fünfzig türkische Reiter daher,
die huben an, auf ihn zu schießen,
nach ihm zu werfen mit den Spießen.
Der wackre Schwabe forcht' sich nit,
20 ging seines Weges Schritt vor Schritt,
ließ sich den Schild mit Pfeilen spicken
und thät nur spöttlich um sich blicken,
bis einer, dem die Zeit zu lang,
auf ihn den krummen Säbel schwang.
25 Da wallt dem Deutschen auch sein Blut,
er trifft des Türken Pferd so gut,
er haut ihm ab mit einem Streich
die beiden Vorderfüß' zugleich.
Als er das Tier zu Fall gebracht,
da faßt er erst sein Schwert mit Macht,
er schwingt es auf des Reiters Kopf,
haut durch bis auf den Sattelknopf,
haut auch den Sattel noch zu Stücken
und tief noch in des Pferdes Rücken;
zur Rechten sieht man wie zur Linken
einen halben Türken heruntersinken.
Da packt die andern kalter Graus,
sie fliehen in alle Welt hinaus,
und jedem ist's, als würd' ihm mitten
durch Kopf und Leib hindurchgeschnitten.
Drauf kam des Wegs 'ne Christenschar,
die auch zurückgeblieben war;
die sahen nun mit gutem Bedacht,
was Arbeit unser Held gemacht.
Von denen hat's der Kaiser vernommen,
der ließ den Schwaben vor sich kommen,
er sprach: „Sag an, mein Ritter wert!
wer hat dich solche Streich' gelehrt?“
Der Held bedacht' sich nicht zu lang:
„Die Streiche sind bei uns im Schwang,
sie sind bekannt im ganzen Reiche,
man nennt sie halt nur Schwabenstreiche.“
41. Die Karawanen der Sahara.
Mach dem Lesebuch von Bumüller und Schuster.)
Die meisten Völker, welche die Wüste bewohnen, sind in beständigen
30 Kämpfen unter einander; viele von ihnen sind räuberisch und leben zum Teil
davon, daß sie Reisende überfallen und plündern. Daher kann der Reisende,
welcher die Wüste durchziehen will, nicht eigener Kraft vertrauen, sondern er ist
gezwungen, einer Gesellschaft sich anzuschließen. In ungeheuren Scharen sam—
meln sich an einzelnen Ausgangspunkten, am Saume der Wüste, die Karawanen
und ziehen von Nord nach Süd, von West nach Ost stets dieselben durch die
Natur vorgeschriebenen Bahnen. Denn im Sandmeer bilden die Oasen die
unveränderlichen Hafenplätze, denen der Reisende auf dem Kamel entgegen—
steuert. Jede bedeutendere Grenzstadt der Wüste hat ihre Karawanserei; diese
ist zugleich die Herberge, bie Warenniederlage und der Sammelplatz für die
ankommenden und abgehenden Karawanen. Die Vorsteher der Maultier- und
Kameltreiber setzen hier den Abgang der Züge nach Bedürfnis fest. Ist der
Tag des Aufbruchs gekommen, so stellen sich die erfahrensten Kameltreiber an
die Spitze; sie haben schon oft die Reise gemacht und kennen jede Oase, jeden
Brunnen genau. Unter dem Geleite von bewaffneten Arabern, Mauren oder
45 Tuariks, durch deren Land die Karawane zieht, betreten die Reisenden wohl—
gemut die Wüste.