304 D. Heimat und Fremde.
muß ihr Bewohner mit der Wüste kämpfen, die ihre Sandwellen bis hart
an den Rand der Palmenwälder und selbst in sie hineinwirft; menschlicher
Fürsorge und Anstrengung bedarf es, um diese Freistätte für Pflanzen- und
Tierleben ungeschmälert zu erhalten. Jenseit ihrer Grenzen aber dehnt sich
— hier zu mächtigen, bis 100 m hohen, steil abfallenden und scharfgratigen
Dünen aufgetürmt, dort in kaum gewundenen, sanften Wellenlinien oder
stellenweise spiegelglatten Flächen — das Sandmeer der Wüste aus. Dem
Fremden ist die Wüste, wie ihr Schweigen unverständlich — der Nomade,
der Karawanenführer, weiß in ihr wie in einem offenen Buche zu lesen.
Jos. Chavanne.
229. Deulschlands Schutgebiete.
Deutschland besaß bis 1884 keine Kolonien. Zwar hatte der Große
Kurfürst Friedrich Wilhelm an der Goldküste in Afrika das Fort Groß⸗
Friedrichsburg gegründet; doch mußte diese Besitzung nach einem halben
Jahrhundert wieder aufgegeben werden. Deutschland war vor der Gründung
des Deutschen Reichs (1871) zu ohnmächtig, um eigene überseeische Gebiele
behaupten zu können, obwohl es alljährlich 50. 100 ooo Auswandrer nach
andern Erdteilen entließ. Aber nach der Erstarkung unsers Vaterlandes
richteten für deutsche Ehre begeisterte Männer ihren Blick auf Erwerbung
überseeischer Gebiete. Heute erfreut sich unser Vaterland einer Reihe treff
licher Kolonien, die zusammen beinahe die fünffache Größe des Deutschen
Reichs haben. Auf Jahrhunderte hinaus ist uns nun die Aufgabe gestellt,
diesen Besitz in rechter Weise zu pflegen zum Segen unsers Volkes.
1. Das Togögebiet, an der Sklavenküste in Westafrika gelegen, um—
faßt etwa 82000 qkm mit etwa 2 Millionen Einwohnern, die durchweg
Neger sind. Zur Küste hin wird von ihnen recht lebhafter Handel mi
einheimischen Erzeugnissen getrieben; namentlich werden aus diesem frucht⸗
baren Lande Palmöl, Palmkerne, Gummi und Erdnüsse ausgeführt. Der
Wert der ausgeführten Waren beträgt jetzt schon über 3 Millionen Mark,
und nur wenig geringer ist die Einfuhr von Waren, welche Schiffe aus
europäischen Ländern bringen. Die schwarzen Bewohner des Gebietes ver—
stehen es, kunstreiche Gefäße, Leder und allerlei Zeuge zu bereiten. Das
Gebiet steht gleich den beiden folgenden seit 1884 umer deutschem Schutze.
Der Sitz der Verwaltung befindet sich in dem aufblühenden Lome.
2. Kamerun oder das Guinéagebiet (sprich: ginka) liegt am Meer⸗
busen von Biafra, dort, wo die Küste sich nach Süden wendet. Reicher
Regenfall und große Mannigfaltigkeit der Bodengestaltung machen das Land
geeignet, fast sämtliche Erzeugnisse der heißen Zone zu bieten. Hier erheben
sich Berggipfel von der Höhe unsrer Alpenberge, und am mächtigen Kamerun⸗
flusse breiten sich weite Ebenen mit einer üppigen Pflanzenwelt und UÜrwälder
von ungeheurer Ausdehnung aus. Große Herden von Elefanten und Ann
lopen, zahlreiche Affen (wie der Schimpanse), Leoparden und andre Tiere
bevölkern diese Landschaft. Bedeutende Pflanzungen von Tabat, Kakao, Kaffee,
Tee und Vanille sind angelegt worden und geben jetzt schon reiche Erträge
Das unerschöpflich fruchtbare Land liefert die gleichen Erzeugnisse wie Togod,