1277 —
noch 20; manche waren ganz verödet. Noch heutzutage bezeichnen
Ramen von Feldmarken, einzelne übrig gebliebene Gehöfte, hier und
da sogar noch Kirchentrümmer die Stäiten, wo einst blühende Dörfer
gestanden. Von den meisten war nach dem Kriege nur noch die Kirche,
und auch diese oft nur als Ruine, vorhanden. Es war die fromme,
dusdaueinde Landgeistlichkeit, die um die Kirche den Keim einer
Gemeinde wieder versammelte. Aber es dauerte lange, ehe die Ver—
wilderung und Sittenlosigkeit wieder wich. Aus der ällgemeinen Ver—
wüstung ragten die großen Städte in einem elenden Zustande hervor.
Das deutsche Bürgertum, einst trotzig und gewaltsam, war fast ver—
nichtet. Den kleineren Städten erging es meist nicht besser als den
Dörfern. Größere, befestigtere überdauerten wohl den Krieg. Aber
dann waren sie durch Umlagerung so oft geängstigt, durch Abgaben
und Brandschatzungen so erschöpft, durch Hunger und Pest so ent—
hölkert, daß viele Häuser und Straßen in Trümmern liegen blieben
und daß, da die städtischen Steuern fast allein auf den Grundstücken
lasteten, kaum ein Eigentümer Lust hatte wieder aufzubauen. Bayern
allein war etwa um 80000 Familien ärmer gewoͤrden und wohl
2000 Höfe waren unbewohnt. Auch der alte Sinn der Selbständig—
heit war dahin, der frohe Sinn auf dem Lande erschlaffte und die
Herrlichkeit der Städte fank. 4 Gustav Freytag
66. Kurfürst Maximilian J. von Bayern.
(1597 -1651.)
Maximilian J. war unzweifelhaft der bedeutendste deutsche Fürst
seiner Zeit. Er besaß eine Festigkeit des Charakters, eine Unabhängigkeit
des Willens und eine Selbständigkeit des Urteils, wie sie selten einem
Menschen beschieden sind.
Max genoß eine sorgfältige Erziehung. An der Universität Ingol⸗
stadt bettieb er mit regem Eifer das Studium der Sprachen, der Rechts—
wissenschaft, Mathematik und Kriegskunst. Nachdem er auf Reisen die
Welt kennen gelernt hatte, nahm er eifrigst an den Staatsgeschäften teil.
Von früher Jugend auf an Ordnung, Mäßigkeit und Arbeitsamkeit gewöhnt,
verwendete er seine großen Geistesgaben nur für das Wohl seines Landes
und den Sieg der katholischen Sache, der er jederzeit Gut und Blut zu opfern
bereit war.
Abs er die Regierung übernahm, war der Staatshaushalt zerrüttet,
die Schuldenlast drückend; dazu hatten sich Mißbräuche aller Art ein—
geschlichen. Der Herzog stellte letztere ab, beschränkte den Aufwand des
Hofes, führte eine genaue Prüfung der Ausgaben und weise Sparsamkeit
ein und hob durch Förderung des Salzwesens (Solenleitung von Reichen⸗
hall nach Traunstein), des Handels- und Gewerbefleißes die Einnahmen des
Staates. Sein Hauptaugenmerk aber richtete er auf Herstellung einer an—
sehnlichen Kriegsmacht. Sein Scharfblick erkannte wohl, daß die
beständigen Reibereien zwischen den beiden Religionsparteien, die unter