fullscreen: Völkerwanderung und Frankenreich (Teil 2)

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Musterung. Deutlich tritt hervor, daß jeder Volksgenosse die Pflicht hat, für 
seine Waffen selbst zu sorgen, und der König das Recht, die Waffen zu prüfen. 
Und da jeder freie Volksgenosse Grundbesitzer ist, so kann m. a. W. die Waffen¬ 
ausrüstung auch als eine Last der Grundbesitzer betrachtet werden. Damals 
sind alle Feldzüge naturgemäß Sommerfeldzüge; und daraus erklärt sich auch, 
daß die Waffenmusterung im beginnenden Frühling stattfindet. (Waitz H, 
2, 205-215.) 
Ob man in dem MLrzfeld den Ursprung der Frühjahrskontrolle 
der Personen des Beurlaubtenstandes unseres Heeres sehen darf? Vgl. Wehr¬ 
ordnung §§ 105 — 115. § 105: „Die Kontrolle hat den Zweck, die Er¬ 
füllung der militärischen Pflichten der nicht zum aktiven Heere, bezüglich zur 
aktiven Marine gehörigen Wehrpflichtigen zu beaufsichtigen." 
2. Rechte des Königs und des Volkes. Der König beruft und 
leitet das Märzfeld, hält die Waffenmusterung, alles aber nicht als ein ihm 
von der Heeresversammlung übertragenes Recht, sondern als ein in seiner 
Königsgewalt liegendes, mit dieser ihm vererbtes Recht. Bei der Verteilung 
der Beute hat er freilich kein Vorrecht, das Los entscheidet, der König muß 
um ein ihm wertvolles Stück bitten; er muß sich gefallen lassen, von einem 
Vorwitzigen darauf aufmerksam gemacht zu werden, daß er kein Vorrecht habe. 
Aber gerade dieses Märzseld zeigt auch ein Anwachsen der Königsgewalt über 
das frühere Maß hinaus, und zwar durch den Eindruck der machtvollen, 
rücksichtslosen Persönlichkeit Chlodovechs. 
Die Bedeutung -es Sieges über Syagrius. 1. Für die frän¬ 
kische Verfassung. Lamprecht I, 282. „Dieser Erfolg verlieh der mero- 
vingifchen Königsmacht eine veränderte Bedeutung. Chlojo und Childerich 
(Chlodovechs Vorgänger) waren trotz aller Siege und Eroberungen ausschließlich 
Könige ihres Stammes geblieben; keinesfalls war die Herrschaft über eine 
keltoromanifche Bevölkerung gewonnen, welche den Franken an Zahl gleich¬ 
kam. Das trat jetzt ein. Zwar besetzten fränkische Einwanderer dies und 
jenes Dorf bis zum nördlichen Ufer der Loire, zwar bildeten sich wohl hier 
und da, z. B. an der unteren Seine, dichtere Besiedelungszentren salischen 
Charakters, im ganzen aber blieb das neue Gebiet zunächst keltoromanisch, und 
sein König war kraft Eroberung Herr zu eigenem Rechte, trotz 
aller Teilnahme des Volksheeres an seinen Siegen. Das Königtum wuchs 
hinaus über Stamm und Stammesverfassung; es beruhte zum 
Teil nun völlig absolut nur in sich, es entnahm seiner absoluten Stellung 
den Antrieb zu immer größerer Ausdehnung seines Bereiches." — S o 
empfing das merovingische Königtum jetzt zwei neue Stützen 
seiner Macht: a) Herrschaft über eine nichtgermanische Bevölkerung, b) „ein 
ausgedehntes Domanialland als Privatgut des herrschenden Hauses" (Nitzsch 
I, 132). 
Arnold H, 88: „Indem er sich der römischen Herrschaft bemächtigte, 
wurde er der erste französische König — le v£ritable fbndateur de la France 
monarchique et chretienne, wie ihn französische Schriftsteller nennen." 
2. Für die Stellung Chlodovechs und der Franken zur 
christlichen Kirche. Bei der Verteilung der Beute nach dem Siege über 
Syagrins zeigte Chlodovech ein starkes Bemühen, sich dem Diener der christ¬ 
lichen Kirche gegenüber gefällig zu erweisen. Ob er eine Ahnung von der 
Bedeutung oder ein politisch klares Urteil über die Wichtigkeit dieser Kirche für
	        
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