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in Männer und Frauen eine Einteilung, die Teilung aber des Menschen
in Leib und Seele eine Zerteilung ist. Die einfachsten und verständ¬
lichsten Teilungen sind aber die mathematischen, bei denen wir daher
etwas verweilen wollen. Die Kategorie der Teilung kann z. B. ans die
einfachste Figur der Geometrie, das Dreieck nämlich, aufs mannigfaltigste
in Anwendung gebracht werden; diese Teilungen sind aber immer entweder
Einteilungen oder Zerteilungen. Eingeteilt werden die Dreiecke in ihrer
Gesamtheit als Gattungsbegriff; zerteilt wird das einzelne Dreieck als
ein bestimmtes Individuum. So werden die Dreiecke eingeteilt nach den
Seiten in gleichseitige, gleichschenklige und ungleichseitige; nach den
Winkeln in rechtwinklige, spitzwinklige nnd stumpfwinklige. Auch nach
dem Konstrnktionsfelde, auf welchem die Dreiecke verzeichnet sind, kann
man sie einteilen, nämlich in ebene und in sphärische, indem die ebenen
Dreiecke solche sind, deren Konstruktionsfeld die Ebene, die sphärischen
Dreiecke aber solche, deren Konstrnktionsfeld die Oberfläche der Kugel ist.
In allen Fällen aber wird bei der Einteilung der Dreiecke die Gesamt¬
heit der Dreiecke als Gattungsbegriff vorausgesetzt, und die Einteilung
selbst besteht in der Zerlegung der Gattung in Arten, die zusammenge¬
nommen die Gattung ausmachen. Dagegen wird bei der Zerteilung der
Dreiecke irgend ein bestimmtes Dreieck, also ein Individuum vorausgesetzt,
und dieses in Teile zerlegt. Auch bei der Zerteilung kann man übrigens,
wie bei der Einteilung, in verschiedener Weise zu Werke gehen. Man kann
z. B. ein bestimmtes Dreieck in Seiten und Winkel zerteilen, was wohl
die wichtigste und aus der Natur des Dreiecks selbst folgende paickitio
ist; aber man kann z. B. auch willkürlich ans einer Winkelspitze eines
vorliegenden Dreiecks eine gerade Linie nach der Gegenseite ziehen, wodurch
man zwei Dreiecke erhält, welche die Bestandteile des ursprünglichen
Dreiecks sind. Beide Teilungen sind Zerteilungen, die sich beide auf ein
bestimmtes Dreiecksindividunm beziehen; beide stimmen wie alle Teilungen
auch darin überein, daß die Teile zusammengenommen das Ganze aus¬
machen ; sie unterscheiden sich aber dadurch voneinander, daß bei der
ersten Teilung die Teile, nämlich die Seiten und Winkel, ans zwei ver¬
schiedenartigen Größen bestehen, während bei der zweiten Teilung die
beiden Dreiecke, die durch das Ziehen einer Linie aus dem ganzen Dreiecke
sich bilden, sowohl miteinander als mit dein Ganzen gleichartig sind.
Diese Beispiele mögen vorderhand hinreichen, um die wichtigen
Begriffe der Einteilung nnd der Zerteilung zu veranschaulichen; die
ganze Mathematik und übrigens auch andre Gebiete des Daseins nnd
alle Künste und Wissenschaften sind angefüllt mit zahllosen Einteilungen
und Zerteilungen, und auch die wcitre Entwicklung der Dispositions¬
lehre führt immer wieder auf diesen Grundunterschied zurück, ja beruht
im wesentlichen nur auf ihm.