Full text: [Teil 3 = Oberstufe, [Schülerband]] (Teil 3 = Oberstufe, [Schülerband])

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3. Sein Vergnügen steht alleine 
In des andern Redlichkeit, 
Hält des andern Not für seine, 
Weicht nicht auch bei böser Zeit. 
Mir ist wohl beim höchsten Schmerz, 
Denn ich weiß ein treues Herz. 
Gunst die kehrt sich nach dem 
Glücke, 
Geld und Reichtum, das zerstäubt, 
Schönheit läßt uns bald zurücke: 
Ein getreues Herze bleibt. 
Mir ist wohl beim höchsten Schmerz, 
Denn ich weiß ein treues Herz. 
5. Eins ist da sein und geschieden; 
Ein getreues Herze hält, 
Gibt sich allezeit zufrieden, 
Steht auf, wenn es niederfällt. 
Ich bin froh bei höchstem Schmerz, 
Denn ich weiß ein treues Herz. 
Paul Fleming. 
s) Diene dem Nächsten! 
1083. Geben ilt seliger als Nehmen. 
Ein junger Engländer von achtzehn bis zwanzig Jahren, der in 
Lausanne studierte, ging eines Abends mit dem Professor Durand, den 
man nur den Studentenfreund nannte, in der Umgegend der Stadt 
spazieren. Während sie nun so nebeneinander gingen, sahen sie neben 
dem Wege ein paar kotige Schuhe liegen, die, wie sie vermuteten, einem 
armen, auf dem nahen Acker arbeitenden Manne gehören mußten. Der 
Jüngling wandte sich zum Professor mit den Worten: „Wir wollen 
dem Manne einen Streich spielen, ihm seine Schuhe verbergen und uns 
dann hinter das nahe Gebüsch verstecken, um ihn zu belauschen und 
seine Verlegenheit zu sehen, wenn er seine Schuhe nicht mehr finden 
wird.“ — ‚Mein lieber Freund,“ entgegnete der Professor, „man 
muß nie auf Unkosten der Armen sich lustig machen. Sie sind reich und 
daher imstande, sich und dem armen Manne zugleich ein viel schöneres 
Vergnügen zu bereiten. Legen Sie in jeden Schuh ein Geldstück, und 
dann wollen wir uns verbergen“ Der Student gehorchte, und jetzt 
stellte er sich mit dem Professor hinter das Gebüsch, durch welches hin— 
durch sie jedoch den Bauer bequem beobachten konnten. Bald hatte 
der arme Mann seine Arbeit vollendet und ging den Acker entlang dem 
Wege zu, an welchem er sein Wams und seine Schuhe niedergelegt hätte. 
Während er das erstere anzog, schlüpfte er auch mit dem einen Fuße 
in einen seiner Schuhe; er fühlte etwas Hartes, bückte sich und fand 
das Geldstück. Erstaunen und Verwunderung malte sich auf seinem 
Gesichte; er besah das Geld, kehrte es um und besah es noch einmal 
und abermals; jetzt wandte er seinen Blick nach allen Seiten hin, sah
	        
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