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Ein schöner Weg führt den Wandrer, der von Hechingen kommt,
den steilen Ralkfelsen hinan zu dem vierfürmigen Königsschlosse,
das die Höhe des Berges schmückt.
Die aälteste Burg, die im 11. Jahrhundert durch einen Grafen von
Zollern erbaut wurde, bestand bis zum Jahre 1423. Der damalige
Besitzer, Graf Friedrich von Zollern, war in schwere Fehden verwickelt.
seine Burg wurde im Jahre 1422 von einer feindlichen Ubermacht
eingeschlossen und geriet trotz der tapfersten Verteidigung nach ein-
jähriger Belagerung in die Hände der Feinde. Sie schleiften die Burg;
nur die St. Michaels Kapelle, die jetzt noch vorhanden ist, blieb er- 10
halten. Dreissig Jahre später begann Graf Niklas von Zollern einen
Neubau. Seine Verwandten halfen ihm dabei; der Markgraf Albrecht
Achilles von Brandenburg trug selbst einen schweren Stein auf die
Spitze des Berges und legte damit den Grund zu einem Turme, der
nach ihm der Markgrafentfurm genannt wurde. Im dreilsigjährigen 16
Kriege wurde die Burg wiederholt erobert, später geriet sie durch
Vernachlässigung in Verfall. König Friedrich Wilhelm WV. nahm sich
der Stammburg seines Hauses an, zumal nachdem im Jahre 1850 die
hohenzollernschen Fürstenftümer dem Rönigreiche Preulsen einverleibt
worden waren. Er ordnete an, dals die Burg auf den alten Grundlagen 20
wieder aufgebaut werden sollte, erlebte aber die Vollendung des
Neubaus nicht. Erst am 3. Oktober 1867 konnte König Wilhelm J.
die Schlüssel der wiederhergestellten Burg in Empfang nehmen und
ihre Einweihung feiern.
2. Die Hohenzollernburg ist in ihrer neuen Gestalt ein sehr 25
stattlicher Bau. Ein mit Basteien und Ecktürmchen ausgestattetes
Siebeneck von 15—20 m hohen NMauern bildet den Unterbau der
Burg. Darauf erhebt sich in einem mit z2wei Flügeln versehenen
Hauptfbau das eigentliche Schloss; dieses hat fünf Geschosse, von
denen die beiden untern gewölbt sind und ausschliesslich zur Ver- 30
teidigung dienen. Fünf Türme, von denen zwei ungefähr 60 m auf-
steigen, überragen die Wohngebäude. Wenn man über die künstlich
angelegte Auffahrt auf den Burghof kommt, sieht man links den
Burggarten mit einer Bildsäule Friédrich Wilhelms IV., etwas weiter
zurũck die St. Michaels-Kapelle, den ältesten Teil des Schlosses; 35
mitten auf dem Burghofe erblickt man eine uralte Linde, dahinter
den Hauptteil des Schlosses mit den herrschaftlichen Wohnungen;
rechts steht das Wehrhaus, an das sich die evangelische Rapelle
schliesst. Das Wehrhaus ist eineé Kaserne für die Besatzung der
Burg, die aus einer Kompanie Infanterie besteht. Schon die 4
Pestungswerke gestatten einen weiten Anblick auf die Umgegend,
in weit höhberm Malse aber der runde Wartturm an der Westseite
des Burghofes. Von seiner Höhe erbliekt man 50 Stunden in der
Gabrielu. Supprian, Lesebuch. B. 1II. H. 97
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