Full text: Für mittlere Klassen (Theil 2)

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Kam durch die Lüfte Hergestogen, 
Da nach Gefall'n man schauen kunnt 
Die Mörderzähn', den Schlinge¬ 
schlund. 12V 
Hätt'Manchem schon gemacht ein Graun, 
Hätt' er den Fresser hören kaun. 
Sanct Gallus war kein karger Mann, 
Gab willig allen Vorrath dran, 
Bis er den leeren Beutel zeigt. 125 
Der Bär sich wie zum Danke neigt, 
Den Schnauzbart wohlbefriedigt leckt, 
Es hat ihm trefflich wohlgeschmeckt. 
Sanct Gallus sprach darauf zum 
Schluß: 
Lsnsckiout tibi Dominus. 130 
Weil du nun gehst von diesem Ort, 
Vernimm ein letztes gutes Wort: 
Wo Zween von einem Brot genossen, 
Die haben Gastfreundschaft geschlossen, 
Das Mahl, so ich dir angericht', 135 
Nimmt dich fortan in Treu und Pflicht. 
Laß zwischen uns um Mein und Dein 
Inskünftig keine Irrung sein. 
Weil seinem Volk zum Heimwesen 
Gott dieses Thalrevier erlesen: 140 
Mußt du und alle deines Gleichen 
Von hinnen ausziehn und entweichen. 
Fahre zu Berg! im Alpenwald 
Da ist dein Reich und Aufenthalt; 
Dort schalte frei, geh aufdie Birsch 145 
Nach Gemse, Steinbock, Reh und 
Hirsch. 
Brauchst nicht zu betteln, nicht zu borgen, 
Gott wird auch für das Deiue sorgen. 
Aber so weit die Glocke klingt, 
Das heilige Lied der Mönche dringt, 150 
So weit der Pflug die Segensspur 
Zieht durch die gottgeweihte Flur, 
Bleib du davon, laß dich nicht sehn: 
Den Bund laß zwischen uns bestehn. 
Damit dem Bär die Hand er bot, 155 
Der legte die starke Krallenpfot' 
Mit gutem Willen auch darein, 
Als sollt' ein Manneswort es sein. 
In Fried' und Freundschaft schied das 
Paar. 
Hinging seitdem manch liebes Jahr; 160 
Sanct Gallus' Zell im Waldesschoß 
Erwuchs zu einem Kloster groß. 
Ein fromm Gesind zog da hinein, 
Dem Gottesleben sich zu weihn, 
Hielt Andacht, Sitte,Lehr und Kunst 165 
Nach Meisters Art in Pfleg und Gunst. 
Daher denn auch Sanct Gallens Nam' 
Weit in der Welt zu Ehren kam. 
Aus allen Landen sah man wallen 
Der Pilger Schaaren nach Sanct 
Gallen. 170 
Doch jener, der beim Weihefest 
Der erst' und einzge Gast gewest, 
Er hielt die Gastfreundschaft in Ehren, 
Thät mit Besuchen nicht beschweren. 
Nie ist, so viel ich je vernommen, 175 
Ein Bär ins Stift Sanct Gallen kommen. 
Wenn ihr's versteht, so wißt ihr wohl, 
Wie dieser Mär man glauben soll. 
Es sagt nur der gemeine Haus: 
Sie bänd' euch einen Bären auf. 180 
F. Bäßler. 1863. 
Wiese. 
27. Die 
Wo der Dengle-Geist in mitternächtige Stunde 1 
Uffeme silberne Gschire sie goldeni Sägese denglet, 
(Todtnau's Chnabe wüsse's wohl) am waldige Feldberg, 
Wo mit liebligem Gficht us tiesverborgene Chlüfte 
D'Wiese luegt, und chek go Todtnau aben in's Thal springt, 5 
Schwebt mi muntere Blick, und schwebe mini Gidanke. 
Feldbergs liebligi Tochter, o Wiese, bis mer Gottwilche! 
Los, i will di iez mit mine Liederen ehre, 
Und mit Gsang bigleiten us dine freudige Wege!
	        
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