Full text: [Teil 1, [Schülerband]] (Teil 1, [Schülerband])

er eine Feder, auf und trug ihn nebst Hammer und Zange unter 
einen kleinen Schuppen zwischen Wohnhaus und Scheuer, in dem 
Hobelbank, Säge, Stemmeisen und was sonst zu Zimmer-⸗ und 
Schreinergewerk gehört, bei Holz und Brettern mancher Art stand, 
lag oder hing. 
Indem der Alte sich unter dem Schuppen noch zu schaffen 
machte, sagte der Pferdehändler zu dem Rezeptor: „Wollen Sie 
glauben, daß der auch alle Pfosten, Türen und Schwellen, die Kisten 
und Kasten im Hause mit eigener Hand flickt, oder, wenn das Glück 
gut ist, auch neu zuschneidet? Ich meine, wenn er wollte, könnte 
er auch einen Kunstschreiner vorstellen und würde einen richtigen 
Schrank zuwege bringen.“ 
„Da seid Ihr im Irrtum“, sprach der Hofschulze, der das letzte 
gehört hatte und, das Schurzfell jetzt abgetan, im weißleinenen 
Littel aus dem Schuppen trat. Er setzte sich zu den beiden Männern 
an den Tisch; eine Magd brachte ihm auch ein Glas, er tat 
seinen Gästen Bescheid und fuhr dann fort: „Zu einem Pfosten, 
zu einer Cüre und einer Schwelle gehören nur ein Paar gesunde 
Augen und eine firme Faust, aber ein Schreiner braucht mehr. Ich 
habe mich einmal vom Hochmute verleiten lassen und wollte, wie 
Ihr es nennt, einen richtigen Schrank zuwege bringen, weil mir 
hobel und Meißel und Reißschiene auch bei dem Zimmerwerk durch 
die Hände gegangen waren. Ich maß und zeichnete und schnitt 
die Hölzer zu, auf Fuß und Zoll hatte ich alles abgepaßt, ja, 
als es nun an das Zusammenfügen und Leimen gehen sollte, war 
alles verkehrt. Die Wände standen windschief und klafften, die 
Klappe vorn war zu groß, und die Kasten für die ffnungen zu 
klein. Ihr könnt das Gemächt noch sehen, ich habe es auf dem 
Sill stehen lassen, mich vor Versuchung künftig zu wahren; denn 
es tut dem Menschen immer gut, wenn er eine Erinnerung an 
seine Schwachheit vor Augen hat.“ 
In diesem Augenblicke ließ sich ein lustiges Wiehern aus dem 
Pferdestalle gegenüber vernehmen. Der Pferdehändler räusperte sich, 
spuckte aus, schlug sich Feuer an, blies dem Rezeptor eine starke 
Dampfwolke in das Gesicht, sah sehnsüchtig nach dem Stalle und dann 
gedankenvoll vor sich nieder. Hierauf spuckte er nochmals aus, 
nahm den lackierten Hut vom Kopfe, strich mit dem Arme über 
die Stirn und sagte: „Noch immer eine schwüle Witterung.“ Dann 
schnallte er seine lederne Geldkatze vom Leibe, warf sie mit Getöse 
auf den Tisch, daß der Inhalt klang und klirrte, löste die Riemen und 
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