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macht haben. Leise steigt er mit seinen langen Watbeinen am Ufer
entlang, und wenn die Frösche sich nicht mit einem raschen Sprunge
ins Wasser retten, daß es plumpst, so werden sie von ihm unbarm¬
herzig mit dem langen Schnabel aufgespießt.
Im Wasser des Teiches geht es gar lustig zu. Da tummeln
die Fische sich munter umher. Im Schilfe versteckt, lauert der gierige
Hecht aui seine Beute; kommt ihm ein Weißfisch ch en zu nahe,
so schießt er blitzschnell auf dasselbe los und schnappt cs weg. Im
Schlamme frühstückt der Karpfen; leise wie eine Schlange windet
der Aal sich dahin; träge liegt die Teichmuschel auf dem Grunde
des Wassers
Alte Märchen erzählen von Wassernixen, die im Teiche
wohnten, mitten unter Blumen und Schilf. Ihre obere Hälfte war
eine liebliche Jungfrau, die untere ein häßlicher Fischschwanz. Sie
verlockten die Menschen zun, Wasser und zogen sic dann hinab ins
nasse Grab. Die Wasserjungfrauen sind verschwunden und locken
nicht mehr; aber die goldgelben Schwertlilien locken statt ihrer
noch gar zu gern die Kinder zum Wasser. Nimm dich in acht, wenn
du nach den prächtigen Blüten greifst, damit die kalte Flut dich nicht
gierig verschlingt. Hugo Weber.
147. Die Teichmuschel.
Die Schnecke ist bekanntlich ein sehr schlechter Wettläufer; allein
ihre Schwester, die Teichmuschel, marschiert noch viel langsamer.
Trotzdem hat sie es in ihrem Leben weiter gebracht als mancher
Leichtfuß: denn sie besitzt ein Schloß und einen Mantel, und beides hat
nicht jeder.
Statt eines Hauses, wie die Landschnecke ein solches auf dem
Rücken mit sich herumschleppt, hat die Muschel zwei Schalen aus
ganz ähnlichem Stoffe, und die Stelle, an welcher beide dukch Vor¬
sprünge und Vertiefungen ineinander greifen, ist eben das Schloß.
Die Muschel ist gewissermaßen ein umgewendetes Säugetier. Während
eine Maus und ein Hase die Knochen inwendig haben und das
Fleisch um diese herum, ist das Fleisch bei der Muschel inwendig,
und die festen Schalen, welche die Stelle der Knochen vertreten, sind
auswendig. Die Schalen zeigen zweierlei Schichten; die äußere ist
bräunlichgrün, fast wie Horn, die innere weißlich und glänzend.
Diese innere Schicht ist reine Perlmutter, bei der Teichmuschel freilich
so dünn und zerbrechlich, daß sie nicht weiter zu benutzen ist.
Kieffer, Drittes Lesebuch. JO