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Anhang.
in Goslar durch den Mainzer.1 Gleich von der ersten Königskrönung im deutschen
Reiche, der Ottos I., besitzen wir eine ausführliche Schilderung bei Widukind,
und um die Wende des 10. und 11. Jahrh. entstanden mehrere Aufzeichnungen
in den bischöflichen Büchereien, worin die bei einer Königskrönung anzuwen¬
denden Formen genau beschrieben sind (Waitz VI2, S. 215). Gerade für diese
Zeremonieen konnten sich schon bestimmte Normen bilden, wie sie für die staats¬
rechtlichen Beziehungen des Königtums noch gänzlich fehlten.
Wir erfahren von allerhand Zusagen, die den Fürsten vor der "Wahl
erteilt worden sind. Bei der Krönung versprach der König ein gerechter
Herrscher sein zu wollen. Da aber die Krönung selbst keinen Einflufs auf die
Gültigkeit der Regierung hatte, so kann auch diesem Versprechen nur formelle
Bedeutung zuerkannt werden. Erst seit der Mitte des 11. Jahrhunderts macht
sich das Bestreben geltend, die Gewalt des Königs durch derartige Formeln zu
beschränken: die Fürsten stellten Bedingungen für ihren Gehorsam.2
Das Recht der deutschen Könige am langobardischen Reich beruhte auf
Eroberung, und die Wahl in Deutschland entschied auch immer für Italien.
Manchmal fand eine besondere Huldigung der langobardischen Grofsen statt.
Heinrich II., Konrad II. und Heinrichs IV. Sohn Konrad liefsen sich auch durch
den Mailänder Erzbischof als Könige von Italien krönen. Doch war dies Alles
nur Form. Burgund war durch Erbvertrag erworben, und die Regierung ging
hier stets ohne weiteres in die Hände des jeweiligen deutschen Königs über
(Waitz VI2, S. 219 ff.).
Auf die Kaiserkrönung erhoben die deutschen Könige seit Otto dem Grofsen
einen in unserer Periode wohl kaum bestrittenen Anspruch, der in dem Titel
rex Romanorum und einigen Formeln bei der Königswahl einen deutlichen Aus¬
druck fand. Der Kaisertitel hing von der Krönung ab, die nur in Rom voll¬
zogen wurde. Sobald der König die deutschen Verhältnisse geordnet hatte, be¬
gann er die Unterhandlungen mit dem Papste über Zeit und Einzelheiten der
Romfahrt. Otto der Grofse hat vor seiner Ankunft in Rom eidlich der römischen
Kirche und ihrem Bischof versichern lassen, er wolle ihr Vermögen erhalten
und vermehren, sowie den Papst an Leben, Gesundheit und Ehre schützen und
in Sachen, die den Papst oder die Römer beträfen, keine Entscheidung ohne
seinen Rat fällen (Annal. III, 1, S. 89). Ein ähnlicher Sicherheitseid wurde
später von dem jungen Konrad, von Heinrich AT. und von Lothar geleistet
1) Vgl. die Zusammenstellung bei Waitz, VG. VI2, S. 208 ff. Zur Krönung Kudolfs s. Annal. III, -,
S. 258 A. 1.
2) Annal. Ill, 1, S. 401. Waitz VI2, S. 198. Seeliger ebenda Anm. 2 bestreitet wohl mit ITnrecht
die Auffassung Steindorffs von der Triburer Wahl im Jahre 1053. Dals die Fürsten sich wiiklich durc
jene Klausel ein Widerstandsrecht wahren wollten, wird sehr wahrscheinlich durch die Stelle dei Ann. Hil
SS. Ill, S. 110, die den Erzbischof von Mainz im Jahre 1106 sagen lassen: si non iustus regni gubernator exi-
tisset et aecclesiarum dei defensator, ut ei sicut patri suo evenisset.