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zurũckweichen. So wie Herzog Gottfried dies merkt, lälst er die im
zweiten Stockwerk befindliche Fallbrücke auf die Mauer herab-—
fallen. Sie erreicht ihr Ziel. Herzog Gottfried ist einer der ersten
auf den Zinnen der Mauer. Ihm folgen die andern. Tankred der
Normann und Robert von Flandern ersfürmen das Stephansthor,
und unter dem Ruf: „Gott will es, Gott will es!“ dringen die
Sieger in de Stadt.
Aber kaum darf man die Sieger Chrisfen nennen. Mit blinder
Blutgier fallen sie über die Ungläubigen her; alles, was ihnen
aufstõsst, gleichviel, ob Bewaffnete oder schwache Kinder, ob
Männer oder Weiber oder Greise, wirdd erwürgt. An 10000
Feinde werden getötet, und das Blut fliesst in Strömen. Viele
der Ungläubigen werden gespielst, andere gebraten, noch andere
gezwungen, sich von den hohen Türmen herabzustürzen. Zugleich
erwacht die Begier nach Beute. Die Sieger stürzen in alle Häuser
und plündern, was sie finden. Jeder behält das Haus, vor dem
er zuerst Schild oder Lanze aufsteckte, als sein Ligenfum. PErst
am dritten Tage, einem Sonntage, vereinigen sich alle Kreuz-
fahrer zu einer gemeinsamen Wallfahrt nach dem heiligen Grabe.
Sie legen ihre Waffen ab, enthlössen ihre Pülse, reinigen sich
vom Blute, und, angethan mit weilsen Kleidern, ziehen sie zu
den heiligen Ortern, besonders zur Kirche des heiligen Grabes.
Hier fallen die Kreuzfahrer auf ihre Kniee, um dem Allbarm-
herzigen zu danken, der ihnen den Sieg verliehen hat. Voll
frommer Andacht beichten die einen und geloben Besserung, die
anderen verteilen von der gewonnenen Beute reichlich Almosen
an Kranke und Greise, noch andere ruftschen auf blolsen Knieen
zu dem Grabe des Heilandes und bedecken es mit Küssen und
Thränen. Nachdem so diese Wallfahrt beendet, gedachte man
der irdischen Notdurft; Stadt und Tempel wurden von Blut ge-
reinigt, alle Spuren des Islams vertilgt, die inneren Angelegen-
heiten geordnet, und süsslabende Ruhe (für kurze Zeit!) folgte
auf jahrelange Leiden. Dem Herzog Gottfried trug man die
Königskrone an; aber er schlug sie aus und nannte sich nur
„Schirmherr des heiligen Grabes.“ „Wie sollte ich,“ sprach er,
„dort eine goldene Krone tragen, wo der König der Könige eine
Dornenkrone getragen hat?“ — Gottfried starb leider zu früh,
schon 1100 den 18. Juli, und überliess die von den Türken un-
aufhörlich beunruhigte Herrschaft seinem Bruder Balduin, der
len Königstitel annahm
Grube.