Full text: [Teil 5 = [7. u. 8. Schuljahr], [Schülerband]] (Teil 5 = [7. u. 8. Schuljahr], [Schülerband])

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kracht und knackt hier ohne Unterlaß, und zuweilen brechen ohne 
weitere Ursache als unter dem gewaltigen Drucke des daraufliegenden 
Gesteins große und kleine Kohlenstücke aus dem Flöz heraus und 
fallen vor meine Füße. 
6. 
Schön ist es hier unten im Lande der Schwarzen Diamanten, 
zauberhaft schön. Eine gewaltige, zu Herzen gehende Majestät wohnt 
hier in der ewigen Nacht, und jeder, der nur einmal in ihr gewan— 
delt, wird in stillen Stunden der Erinnerung seine Brust andachts- 
voll sich heben fühlen. 
Aber vergessen wir nicht den Gegensatz zwischen dem, der herab⸗ 
gekommen ist, um zu schauen, und dem, der täglich in die Finsternis 
niederführt, um im Schweiße seines Angesichts das Brot zu erwerben, 
das Weib und Kind ernähren soll. Für ihn ist von all dieser Er— 
habenheit, von all diesem Zauber nichts da. In seine dürftige Klei⸗ 
dung gehüllt, fährt der Bergmann zur Tiefe; in Hast eilt er seinem 
Arbeitsplatze entgegen durch Gänge und Höhlen, die auf Schritt und 
Tritt mit dem Erinnerungskreuz an einen verunglückten Genossen 
bezeichnet werden könnten. Unendliche Stunden arbeitet er an seinem 
„Orte“, bald im Wasser, bald in einer Luft, die das Atmen zur Qual 
macht, die angefüllt ist mit dem beizenden Rauch des Dynamits und 
dem erstickenden Qualm des Pulvers, mit Kohlenstaub und den ver— 
derblichen Gasen der Unterwelt. Unendliche Stunden arbeitet er 
dort, immer in Gefahr, erschlagen zu werden von stürzendem Gestein, 
von den furchtbaren sogenannten Kesseln, die sich plötzlich aus der 
Decke lösen und durch ihr Gewicht alles unter sich zerschmettern. 
Mit welchem Behagen atme ich wieder die kühle Nachtluft ein, 
da wir unserm schmutzigen Verlies nach beendeter Fahrt entsteigen! 
Mit welchem Behagen strecke ich die ermüdeten, staubbedeckten Glieder 
in der wohligen Wärme des Bades und schlüpfe in meine eigenen 
warmen Kleider, nachdem ich so viele Stunden lang das schmutzige 
Kleid der Arbeit getragen habe. 
Dann trennt sich mein Weg von dem meines freundlichen Füh⸗ 
rers. Ein Hündedruck, ein „Glückauf!“ — und allein schreite ich in die 
klare, frische Nacht hinaus, meiner Wohnung entgegen. Doppelt schön 
erscheint mir der gestirnte Himmel jetzt, doppelt freundlich lacht mich 
der blendende Schnee an, der während meiner Fahrt in den Tiefen
	        
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