Full text: Deutsches Lesebuch für die Oberklassen der Volksschule

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benachbarten Baude nothwendig, so müssen sie ihren Ausgang entweder 
durch den Dachgiebel nehmen, oder sich nach Bergmannsart ihre Wege 
stollenartig durch den Schnee an den Tag arbeiten, und dann ihre 
beschwerliche Reise mit Hulfe der Schneereifen oder bei Glatteis mit 
Hülfe der Fußeisen fortsetzen. Des oft meterhohen Schnees wegen 
müssen die vbetretensten Gebirgssteige jeden Winter mit Stangen, die 
gewoͤhnlich 2 bis 3 lang sind, und an die man Strohbüschel befestigt 
Im sie kenntlich zu machen, ausgesteckt werden. 
Die Regengüsse sind oft von der hefligsten Art, und die Gewitter 
toben biswellen unter Hagelwetter und Wolkenbrüchen aus; sie uͤber⸗ 
schütten allerdings mehr die Hänge und Thalebenen treffen aber auch 
mit ihren Blitzen selbst die hoͤchsten Berggipfel. Diese oft unvorher⸗ 
gesehenen, häufig schnell wechselnden Veränderungen des Wetters sind 
der Volkssage nach die Launen des gewaltigen Berggeistes Rübezahl, 
welcher diese schauerlich großartige Gebirgsgegend beherrschen soll. 
(Nach Semmlev.) 
25. Rübezahl. 
„Nun werden grün die Brombeerhecken; hier schon ein Veilchen — 
welch ein Fest! die Amsel sucht sich dürre Stecken, und auch der Buch— 
fink baut sein Nest. Der Schnee ist überall gewichen, die Koppe nur 
fleht weiß ins Thal; ich habe mich von Haus geschlichen, hier ist der 
Ort — ich wags einmal: Rübezahl! 
„Hört er's? ich seh ihm dreist entgegen! Er ist nicht bös! Auf 
diesen Block will ich mein Leinwandpäckchen legen — es ist ein richt'ges, 
volles Schock! Und fein! Ja dafür kann ich stehen! Kein bess'res wird 
gewebt im Thal — Er laßt sich immer noch nicht sehen! drum frischen 
Muthes noch einmal: Rübezahl! 
„Kein Lautl — Ich bin ins Holz gegangen, daß er uns hilft in 
unsrer Nothl O, meiner Mutter nasse Wangen — im ganzen Haus 
kein Stuͤckchen Brot! Der Vater schritt zu Markt mit Fluchen — 
fäͤnd' er auch Käufer nur einmal! Ich wills mit Rübezahl versuchen 
Wo bleibt er nur? zum dritten Mal: Rübezahl! 
„Er half so vielen schon vor Zeiten — Großmutter hat mirs oft 
erzählt — Ja, er ist gut den armen Leuten, die unverschuldet Elend 
quaͤlt! So vin ich froh denn hergelaufen mit meiner richtgen Ellen— 
zahl! Ich will nicht betteln, will verkaufen! O, daß er käme! Rübezahl! 
Rübezahl! 
„Wenn dieses Päckchen ihm gesiele, vielleicht gar bät er mehr sich 
aus! Das waͤr mir recht! Ach, gar zu viele gleich schöne liegen noch 
zu Haus! Die nähm er alle bis zum letzten! Ach, fiel auf dies doch 
seine Wahl! Da löst ich ein selbst die versetzten — das waͤr ein 
Jubel! Ruͤbezahl! Rübezahll
	        
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