Full text: Deutsches Lesebuch für die Oberklassen der Volksschule

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und Becher mit Sinnsprüchen und Familienwappen. In den großen, 
glaͤnzenden gebohnten Schränken und den zierlich ausgelegten Kommoden 
liegt das weiße Linnen, während die Küchen von spiegelblank geputztem 
Kupfer-⸗ und Messinggeschirr funkeln. Kumstreich geschnitzte Tische und 
Stühle, welche mit dem AÄußeren des Hauses im Einklang stehen, 
weisen auf jene frühere Zeit zurück, wo hier ein reicher Kaufmann 
oder ein hochgebietender Rathsherr Haus und Hof hielt. 
Wir verlassen das alterthümliche Haus, dergleichen es so vilele 
gibt, und gelangen durch das Gewirr sich kreuzender und windender 
Straßen zu dem Hauptimarkte. Mu Bewunderung ruht hier unser 
Blick auf dem „schönen Brunnen“, einem der herrlichsten Denkmäler 
aus Nürnbergs großer Vergangenheit. Ein wuͤnderbares Wert de 
Steinmetzarbeit, rankt er sich frei und leicht in vier Absätzen zu einer 
Höhe von ungefähr neunzehn Meter auf. In seiner Nahe befinden 
sich die Stände der Gärtner und Landleute. Letztere sind ein kerniger 
Menschenschlag, dessen malerische Tracht von der reinlichen und netten 
Kleidung der Nürnberger Bürgertöchter angenehm absticht. Dort auf 
dem Trödel⸗ und Fischmarkte ist es, wo der derbe Nürnberger Volks— 
witz noch in alter Weise laut wird 
Auf unserm Weitergange besuchen wir die herrlichen Kirchen zu 
St. Lorenz und zu St. Sebald. In letzterer befindet sich das prächtige 
Grabmal St. Sebalds mit den zwölf Aposteln, das hoͤchste Heiligthum 
deutscher Kunst, das berühmteste Werk des Rothgießers Peter Vischer 
und seiner Soͤhne. Weiter gehen wir zu dem Hause Albrecht Dürers, 
des großen deutschen Malers Kupferstechers und Holzschneiders, zu 
seinem Denkmale und zu seinem Grabe auf dem Johanniskirchhofe, 
auf dem auch Meister Hans Sachs begraben liegt. 
Und nun bergan zur Burg! Kühn und ehrfurchtgebietend thront 
sie auf dem Scheitel eines Sandsteinfelsens und überragt mit ihren 
Thürmen die ganze übrige Stadt. Siegreich trotzten ihre Mautern 
allen Stürmen des Krieges; denn nie fiel Nürnbergs Schloß dem 
Feinde in die Hände. Hier hausten oft die Kaiser des deutschen Reiches 
Hier geboten vom Jahre 1210 an die Edlen aus dem Hause Hohen⸗ 
zollern als kaiserliche Burggrafen, bis sie im Jahre 1417 durch 
Kaiser Sigismund mit der Kurmark belehnt wurden. Der schwarze 
Aar, der damals dem Neste entflog, breitet jetzt seine Schwingen 
schützend über das ganze deutsche Vaterland aus. 
Eine schöne Aussicht bietet der Platz vor der Burg. Unter uns 
liegen in malerischer Abstufung die sich kreuzenden Straßen der Stadt 
Um die Stadt liegt Garten an Garten, weilerhin Dorf an Dorf und 
fruchtbare Ebenen, mit Tannenwaldern untermischt. Ausgebreitet liegt 
das nahe Fürth da; deutlich erkennt man noch das fernere Erlangen. 
Nach Westen zu umsiehen blaue Hoͤhen den Horizont.
	        
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