Full text: Deutsches Lesebuch für die Oberklassen der Volksschule

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auch als Abendgericht. Als die Franzosen zu Anfang dieses Jahr— 
hunderts nach Hannover kamen, konnten sie sich nicht genug wundern 
über die seltsam großen grauen Kugeln, welche Alt und Jung mit 
immer neuem Appetite Tag für Tag in Niesenportionen zu sich nahmen. 
Eine andere Quelle, aus der dem Landmann ein ansehnlicher Kwerb 
zufließt, sind die Blüten des Heidekrautes und des Buchweizens, die 
den Bienen eine reiche Weide gewähren und einen feuerrothen Honig 
erzeugen. Da die Heide erst im Juli zu blühen beginnt, so werden 
die Bienenstöcke im Frühlinge womoͤglich zuerst in die Rübsamenfelder 
gestellt; dann sucht der „Imker“ (Blenenvater) mit seinen Koͤrben die 
Nachbarschaft großer Buchweizenfelder auf und bleibt dort bis zum 
Juli, wo er seinen „Immenzaun“ mitten in der blühenden Heide 
errichtet und sich dann nicht eher wieder um die Bienen bekümmert, 
als bis die Stöcke mit Honig gefüllt sind. Viele gehen Jahr aus 
Jahr ein ausschließlich diesem Gewerbe nach, andere treiben die Imkerel 
neben ihrer Ackerwirthschaft und verkaufen ihre Ausbeute an jene, 
welche einen förmlichen Großhandel mit Honig und Wachs treiben. Be— 
sonders ist Hamburg der Ort, wo der Imker starken Absatz für seine 
Waare findet. Ganze Fuder bringt er zu Anfang des Herbsies dorthin 
und kehrt mit gefülltem Beutel in sein Heidedorf zurück. In guten 
Jahren hat er 100 bis 500 Thaler gewonnen. Auch an Hedelbeeren 
sollen jährlich für 20,000 Thaler nach Hamburg abgesetzt werden. 
Aber nicht bloß von den Leuten auf der Heide, sondern auch von 
denen, die unter der Erde sind ist zu redenn Hünengräber sind an 
vielen Orten zahlreich. Beim Offnen findet man eine Art Gewölbe, 
meistens laͤnglichrund und von größern oder kleinern Granitblöcken 
roh zusammengefügt oder vielmehr gelegt. In der Mitte stehen Urnen 
von gelblich⸗grauer Farbe, mit Asche und Knochen gefüllt, daneben 
liegen mancherlei Waffenstücke aus Stein oder Metall, Schmucksachen 
und anderes Geraͤth. Häufig läßt der Landmann diese ehrwürdigen 
Denkmäler der Vergangenheit unversehrt und pflügt um dieselben herum, 
so daß aus einer überall angebauten Dorfgemarkung manchmal zehn 
bis zwanzig Hünengräber mit ihrem braunen Heidegewande hervor— 
schauen. Den grellsten Gegensatz zu diesen Denkmälern der Urzeit 
bildet die Eisenbahn, welche von Harburg nach Hannover hin quer die 
Heide durchschneidet. 
(Mach Daniel⸗Zimmermann,) 
14. Der Imker in der Heide. 
1. Es ist so still: Die Heide liegt 
Im warmen Mittagssonnenstrahle, 
Ein rosenrother Schimmer fliegt 
Um ihre alten Gräbermale; 
Die Kräuter blühn; der Heideduft 
Steigt in die blaue Sommerluft. 
2. Laufläfer hasten durchs Gesträuch 
In ihren goldnen Panzerröckchen. 
Die Bienen hängen Zweig an Zweig 
Sich an der Edelheide Glockchen; 
Die Vögel schwirren aus dem Kraut, 
Die Luft ist voller Lerchenlaut.
	        
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