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E. Aus Heimat und Fremde.
Rübezahl, dem hilfreichen und neckischen Berggeiste, sind zuerst von deutschen
Vätern den Kindern erzählt worden.
2. Um das Jahr 1000 wurde Schlesien von Herzögen aus dem Hause
der Piasten beherrscht, durch Erbschaft zerfiel es in mehrere kleine Herzog—
tümer. Schon früh wurde das Christentum dort eingeführt.
Damals sah es in diesem Lande ganz anders aus als heute. Wenige
Flächen waren für den Ackerbau hergerichtet. Dichter Wald bedeckte das
Land. Darin hauste das Wildschwein und das Elentier. Der braune Bär
steckte seine Schnauze in die hohlen Bäume, um den wilden Honig zu suchen.
Wohl gab es schon einige Städte; aber hinter ihren Mauern wohnten nicht
freie Bürger, die sich selbst regieren und Vermögen erwerben durften. Bürger
und Bauern waren Hörige.
3. Ganz anders war es damals schon im deutschen Lande, wo die Städte,
die Handwerke und der Ackerbau blühten! Dorthin wandten die schlesischen
Herzöge ihren Blick; deutsches Leben sollte auch in Schlesien einziehen. Da
kam so manche deutsche Fürstentochter als Gemahlin eines Herzogs nach Schlesien
und mit ihr deutsches Gesinde, deutsche Tracht und deutsches Wort in Lied
und Gebet. Die schlesischen Fürstenkinder wurden in Klöster im Deutschen
Reiche zur Ausbildung gegeben. Junge Adlige erhielten den Ritterschlag
nicht mit dem krummen slavischen, sondern mit dem geraden deutschen Schwerte.
Und wenn ein fahrender Spielmann die schlesischen Burgen besuchte, da
forderten die Burgbewohner von ihm deutsche Lieder. Auch die Geistlichkeit
beförderte damals die deutschen Sitken. Priester und Mönche wanderten un—
ablässig von Westen her in Schlesien ein. Aus dem Kloster Pforta an der
Saale kamen die Cistercienser und lehrten den Landmann, den Acker auf
deutsche Art zu bebauen. Mitten in dichten Wäldern wurde eine Lichtung
für den Feldbau geschaffen. Bald erhob sich hier ein schmuckes Kloster, um
dasselbe her entstand ein Dorf. In Leubus, Trebnitz, Grüssan, Kamenz,
Heinrichau, Himmelwitz, Rauden lin Oberschlesien) klangen dem Wandrer jetzt
die Klosterglocken entgegen, wo früher nur das heisere Geschrei des Raben und
das Geheul des Wolfes die Stille unterbrochen hatten. Und wie ertragreich
wurde das Land unter den fleißigen deutschen Mönchen! Mit Verachtung sah
nun der Bauer auf den Radlo, den alten slavischen Haken, der die Erde
nur wenige Centimeter tief aufgewühlt hatte. Denn er hatte von den
Mönchen den deutschen zweiräderigen Pflug kennen gelernt, den heute der schle—
sische Bauer noch zumeist gebraucht.
Der Landesherr gab Erlaubnis zur Gründung deutscher Städte. In
ihnen waren die Bürger frei, wählten sich ihre Obrigkeit, trieben Handel und
Handwerk, erwarben aber auch Ackerland, Weide, Fischerei- und Jagdrecht.
Die Städte erhielten zumeist die Einrichtung, wie sie in der Stadt Magde—