Full text: Kleines Lehrbuch der astronomischen Geographie

94 
eine solche Finsternis eine partiale. Die Größe derselben pflegt nach Zollen 
bestimmt zu werden, indem man den scheinbaren Durchmesser des Mondes in 
12 gleiche Theile, Zolle genannt, eintheilt. Eine 3-, 6-, 9-zöllige Mondfinster¬ 
nis ist also eine solche, bei welcher sich der Mond mit resp. '/4, !/a, 3/4 seines 
Durchmessers in den Erdschatten taucht. 
5. Allgemeine Bedingungen der Mondfinsternisse. Lägen Erd- und Mond¬ 
bahn genau in derselben Ebene, so müßte der Mond als Vollmond jeden Monat 
durch den Kernschatten der Erde gehen, und zwar so, daß er mit seinem Mit¬ 
telpunkte durch die Achse desselben ginge. Es müßte sich in diesem Falle 
also stets eine totale Finsternis von möglichst großer Dauer ereignen. Daß 
dies nicht der Fall ist, ist bekannt, und hat seine Ursache in dem Um¬ 
stände, daß die Ebenen der Erd- und Mondbahn nicht zusammenfallen, sondern 
um einen Winkel von 5° 8' 40" von einander abweichen. Nur zweimal im Mo¬ 
nate stehen Sonne, Erde und Mond in derselben Ebene, und dies ist dann der 
Fall, wenn der Mond in seinen Knoten steht. Trifft es sich nun, daß der Mond 
als Vollmond sich gerade in einem der Knoten befindet, so muß eine Fin¬ 
sternis, und zwar eine totale und zugleich centrale erfolgen. Da aber der 
Vollmond nur etwa alle halbe Jahre sich in oder nahe den Knoten ereignet, so 
finden auch im allgemeinen jährlich nur zwei Mondfinsternisse statt. 
6. Grenzen der Möglichkeit einer Mondfinsternis. Wie schon gesagt, ist 
der Durchmesser des Erdschattens da, wo ihn der Vollmond zuweilen durch¬ 
schneidet, etwa 22/s mal so groß, als der Monddurchmesser. Denkt man sich 
den Schattenkegel an der bezeichneten Stelle rechtwinklig durchschnitten, so 
würde der Halbmesser der Schnittfläche höchstens unter einem Winkel von 
461/,' erscheinen. Da nun der scheinbare Halbmesser des Mondes zur Zeit der 
Erdnähe 163/4' beträgt, so muß der Mond, falls die Entfernung seines Mittel¬ 
punktes von der Ekliptik, in deren Ebene natürlich die Achse des Schatten¬ 
kegels stets liegt, größer als 4672' -f- 163/4' = 63'/4' ist, oder was dasselbe 
ist, wenn die nördliche oder südliche Breite des Mondes größer als diese Zahl 
ist; Uber oder unter dem Erdschatten hinweggehen, ohne verfinstert zu werden. 
Dies ist aber auch die äußerste Grenze der Möglichkeit; denn in den meisten 
Fällen hat sowohl der Halbmesser des Erdschattens als auch der des Mondes 
einen kleineren Werth. Natürlich läßt sich auch berechnen, wie weit der Mond 
von einem seiner Knoten entfernt sein müsse, damit überhaupt eine Finsternis 
möglich sei. Mädler gibt, mit Berücksichtigung aller einschlagenden Verhält¬ 
nisse, als nothwendige Grenze für eine totale Mondfinsternis 3° 30', für eine 
partiale 7°47'; als mögliche Grenze für eine totale 7° 19', für eine partiale 
13° 21' Entfernung von den Knoten. 
7. Zahl der Mondfinsternisse. Da die Entfernung des Vollmondes von 
einem der Knoten höchstens 13° 21', und zwar zu beiden Seiten derselben be¬ 
tragen darf, damit überhaupt noch eine Finsternis eintrete; so hat der Theil 
der Mondbahn, innerhalb dessen die Möglichkeit zu einer Mondfinsternis liegt, 
eine Länge von 2 . 13° 21'= 26° 42'. Nun ändert sich aber die Länge zweier 
auf einander folgenden Vollmonde etwa um 29°; darum können unter gewöhn¬ 
lichen Verhältnissen nicht zwei, wenn auch nur partiale Mondfinsternisse in 
zwei auf einander folgenden Monaten stattfinden. Es liegen vielmehr zwei 
Mondfinsternisse meist ein halbes Jahr auseinander, und wenn die erste im 
aufsteigenden Knoten sich ereignet, so erfolgt die zweite im absteigenden Kno¬ 
ten. Im allgemeinen finden in 19 Jahren 29 mal die Bedingungen zu einer 
Mondfinsternis statt. 
8. Dauer der Mondfinsternisse. Die Dauer der Mondfinsternisse ist natür¬ 
lich sehr verschieden. Eine partiale von Anfang bis zu Ende kann höchstens 
2 Std. 18 Min. währen, die Dauer einer totalen mit Hinzurechnung der par-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.