1 
46 
D. Die Heimatflur im Jahreslaufe. 
5. Da trat ein starker Mann zum Baum und hub ihn an zu schüt— 
teln, vom obern bis zum untern Raum mit Schauern zu durchrütteln. 
Die bunten Vöglein girrten und auseinander schwirrten; wohin sie flogen, 
weiß man kaum. Friedx. Rüchert. 
152. Die Einführung der LKartoffeln. 
1. Vber die Einführung der Kartoffeln in Kolberg erzählt Nettel- 
becek folgendes: 
„Im Jahre 1745 erhielt die Stadt dureh die Gute Priedrichs des 
Groben einen Prachtwagen voll Rartoffeln, die bis dahin noch 
ganzlieh unbekannt waren. Durch Trommelschlag erging in der Stadt 
und Vorstadt die Bekanntmachung, daß alle Gartenbesitzer sich vor 
dem Rathause einzufinden hätten, indem des Königs NMajestät ihnen 
eine besondere Wobltat zugedacht habe. Unter grober Aufregung 
versammelten sie sich zur bestimmten Stunde. Da fanden sieh aueh die 
Ratsherren ein, zeigten der Menge die geschiekten Gaben und verlasen 
eine umstandliche Anweisung, wie die Kartoffeln gepflanzt, bewirtschaftet, 
gekocht und zubereitet werden sollten. In dem Getümmel aber achtete 
niemand auf die Vorlesung. Verwundert nahm man die Knollen in 
die Hand, roch, sehmeckte und leckte daran. Kopfschüttelnd gab 
gie der eine Nachbar dem andern, brach sie wohl gar entzwei und 
warf sie den Hunden vor. Da diese sie auch verschmähten, so rief 
man durcheinander: „Die Dinger riechen niecht und schmecken 
nieht, und nieht einmal die Hunde mögen sie fressen. Was wäre 
uns damit geholfen?“ 
Viele glaubten, die Knollen mühten zu Bäumen heranwachsen, 
von welehen man die Fruchte abschuttele wie die Apfel vom Baum. 
Inzwischen wurden die Rartoffeln ausgeteilt. Viele warfen sie auf 
den Kehrichthaufen; andre, welehe den Versuceh nicht seheuen wollten, 
verfuhren dabei so verkehrt wie möglieb. Linige steckten sie einzeln 
in die Erde, obne sieh weiter um sie zu bekümmern; andre schütteten 
sie auf einen Haufen und bedeckten sie mit etwas Erde, so dab sie zu 
einem dichten Vil- zusammenwuchsen. 
2. Die Herren im Bate batten in Erfahrung gebracht, dab 
unter den Empfängern viele Verächter gewesen waren. Darum 
hielten sie in den Sommermonaten eine Kartoffelschau, und diejenigen, 
welehe widerspenstig gefunden wurden, mubten mit einer Geldstrafe 
büßen. Hierüber erhbob sich ein grobes Geschrei, dab die Kartoffeln 
ganz in Verruf Kamen. Im folgenden Jahre erneute der König sein