Full text: Lesebuch für die Oberstufe (Teil 4, [Schülerband])

In Berlin. 
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Landhaus, eine Fabrikanlage. Weiterhin ordneten sich die Häuser zu 
Reihen. Es waren hohe, drei- und vierstöckige Bauwerke: Wohnungen für 
Arbeiter, die hier draußen weniger Miete zahlen als im Innern der Stadt. 
Nicht lange dauerte es, da umtoste uns der Lärm des Schlesischen 
Bahnhofes. Auf den zahlreichen Schienensträngen rasselten lange Eisen⸗ 
bahnzüge blitzschnell an uns vorüber. Nach wenigen Minuten fuhren wir 
in die Bahnhofshalle ein, durch deren hochgewölbtes Glasdach die Strahlen 
der Morgensonne nur mühsam hindurchdringen konnten. 
Bald rollte der Zug weiter. Wir fuhren jetzt auf der Stadtbahn, 
die Berlin von Osten nach Westen in weitem Bogen durchschneidet. Die 
Schienen ruhen auf haushohen Gewölben, die von dicken Mauerpfeilern 
getragen werden. Rechts und links von der Bahn breitet sich ein un— 
endliches Häusermeer aus Trotz der Morgenfrühe waren die Straßen 
schon belebt. Scharen von Arbeitern begaben sich nach den Fabriken, 
Schulkinder eilten mit ihren Mappen der Schule zu. Von einem Mit— 
reisenden erfuhren wir, daß Berlin, dessen Einwohnerzahl bereits das 
18. Hunderttausend überschritten hat, mehr als 225000 schulpflichtige 
Kinder zählt, die von 45000 Lehrern und Lehrerinnen unterrichtet werden. 
Außer einer großen Zahl von höhern und Privatschulen gibt es hier 
allein über 200 Volksschulen. 
Auch auf der Spree, die durch Berlin fließt, und an der die Stadt— 
bahn eine Strecke lang hinfährt, war es bereits lebendig. Große, mit 
Sand und Mauersteinen beladene Lastschiffe fuhren langsam stromabwärts. 
Auf den zahlreichen Obstkähnen, die am Ufer lagen, entwickelte sich schon 
ein reger Handelsverkehr. Stämmige Schiffer ruderten lange, aus Bau— 
holz zusammengesetzte Flöße. Dazwischen bewegten sich in schnellerm 
Laufe Ruderboote und kleine Dampfer. 
2. Unser Ziel war der inmitten der Stadt gelegene Bahnhof Fried— 
richstraße. Von hier aus traten wir unsre Wandrung an. Zunächst 
begaben wir uns nach dem Mittelpunkte der Hauptstadt, dem von der 
Spree bespülten Königlichen Schlosse. Dieses mächtige, von einer 
Kuppel überragte Bauwerk, das neben mehreren Höfen gegen 700 Säle 
und Zimmer umschließt, stammt in seiner gegenwärtigen Gestalt der Haupt— 
sache nach aus der Zeit des ersten preußischen Königs. Über dem Nord— 
westeingange wehte die purpurne Königsstandarte zum Zeichen, daß der 
Kaiser anwesend war. Auf der Südostseite breitet sich der Schloßplatz 
aus. Wir bewunderten den prachtvollen Brunnen in seiner Mitte, aus 
dem eine riesenhafte Bildsäule des Meergottes Neptun sich erhebt. Über 
die Spree führt von diesem Platze aus die Kurfürstenbrücke mit dem 
Reiterstandbilde des Großen Kurfürsten. Wenn wir über sie hinweggehen,
	        
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