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Allein da ihn in seinem elenden Anzuge niemand zur Arbeit an-
nehmen wollte, so musste er endlich betteln. Eines Abends spät
sprach er in einem Dorfe, es war gerade an einem Sonnabende,
bei einer Schmiede um einen Zehrpfennig an. Da dünkte
dem Meister, welcher mit vier Gesellen an der Esse arbeitete,
dass die Stimme des Ansprechenden ihm sehr bekannt sei. Er
nahm die Hängelampe in die Hand, schaute dem Bettler ins
Gesicht, und — „Je Bruder! bist du's oder bist du's nicht?“
riefen beide fast zu gleicher Zeit; und in der Tat waren es
die Kameraden, die seit der Drennung in Warschau nichts weiter
voneinander gehört hatten.
Der Schmied, welcher unterdessen in dieser Schmiede in
Arbeit gestanden und dureh die Heirat der Witwe, welcher sie
gehõrte, wohlhabend geworden, var ganz ausser sich vor Preuden.
Er herzte und küsste den Schneider und schämte sich seiner
niceht, obgleich er ein zerlumpter Bettler war. Er führte ihn
mit lautem Jubel in dieé Wohnstube, drückte ihn in den Grols-
vaterstubll am Ofen nieder, sprang auf einem Beine wie ein
Knabe, und alle seine Hausgenossen sperrten vor Verwunderung
die Augen weit auf. „Lene,“ sprach er zu seiner Frau, „ge-
schwind springe hinauf und hole ein feines Hemd und meinen
Sonntagsstaat herunter, dass der gute Ereund da sieh um-
kleiden kann!“ Der Schneider wollte allerlei dagegen ein-
wenden, aber der Ueister hbielt inm den Mund zu und sagte:
„Sehweig und sprich mir kein Wort dagegen! Du hast's wohl
um mieh verdient, dass ich mein bisschen Hab' und Gut mit dir
teile.“ Es half nichts; der Schneider mussste sieh putzen und
aus einer langen Pfeife rauchen. Der Neister gebot ihm, sich
gerade so zu pflegen, als ob er in seinem eigenen Hause wäre;
und nachdem er in möglichster Eile sein Tagewerk vollends ge-
endet hatte, setzte er sich mit ihm zu Tische und liess alle seine
Leute hereinkommen, dass sie den Eremden sich recht genau be-
sehen möchten. Dabei erzähblte er lhnen denn, wer der Eremde
eigentlich sei, und was es mit ihrer beiderseitigen Freundschaft
für eine Bewandtnis habe. Da hatten alle eine herzliche Preude
über den Ankömmling, besonders aber die FPrau des Meisters, die
ihren Mann sehr liebte und oft dem guten Schneiderburschen,
der in Polen eine so treue Stütze für ihren Mann gewesen war,
ehe sie ihn selbst persönlich Kannte, Gottes Segen gewünseht